Christian Friedl ist good at Zukunft formen.

Christian Friedl ist Professor an der FH JONNAUM mit den akademischen Schwerpunkten Entrepreneurship, Intrapreneurship, Co-Innovation und Edupreneurship. Sein breites Spektrum an Wissen lässt er neben mehrere europaweiten Forschungsprojekte ebenso in der Leitung des Global Entrepreneurship Monitor Austria mit einfließen. Doch bevor er diesen Weg einschlug, war er 14 Jahre lang in der Musikbranche tätig. Wie es dazu kam und welche Erfahrungen er auf diesem Weg gesammelt hat, verrät er uns im Interview.

Christian Friedl

Danke für deine Zeit, lieber Christian! Wir haben uns ja vor ein paar Jahren beim 15Seconds (tolle Veranstaltung!) in Graz kennengelernt. Deine Geschichte finde ich ja grandios, vom ziemlich erfolgreichen Punk-Rocker zum Professor für Entrepreneurship auf der FH JOANNEUM und Head of the Global Entrepreneurship Monitor Austria. Wie kam’s dazu? 😉 Aber ernsthaft, erzähl doch mal, was hat dich inspiriert, diesen Berufsweg einzuschlagen? Und inwieweit hilft dir heute noch deine Erfahrung aus der Musiker-Zeit?

Vielen Dank, Patrik! Gute Frage und ehrlich gesagt, nichts davon war so wirklich geplant. Ich war in der Schule und hatte eine große Leidenschaft für Rockmusik und Konzerte, hatte eine gewisse Begeisterungsfähigkeit und habe immer schon irgendein Instrument gespielt – darum habe ich dann einfach gemeinsam mit Freunden eine Band gegründet, Proberaum gemietet, Album aufgenommen, Bus gekauft, auf Tour gegangen… irgendwann kam ein gewisser Erfolg dazu, und es folgten Plattenverträge in UK und US, weitere Alben, größere Touren etc. Wir haben ehrlich gesagt auch nicht zu viel nachgedacht und einfach getan. Die Erfahrung aus dieser Zeit ist aber natürlich unersetzbar. Das Band- und Tourleben klingt jedoch ein bisschen aufregender, als es tatsächlich ist. Man verbringt unzählige Stunden im Tourbus oder wartet bei Konzerten auf Soundcheck, Auftritt usw. Da mich die Wissenschaft und Bildung schon immer fasziniert hat, habe ich neben der Band ein Studium absolviert und auch als Freelancer auf der Uni zu arbeiten begonnen. Irgendwann hat diese Begeisterung für Forschung, insbesondere im Innovationsbereich, dann die Musikkarriere verdrängt, und ich habe noch ein Studium und dann das Doktorat absolviert. Ich wechselte dann später an die FH, fand dort die idealen Rahmenbedingungen vor und so ergab sich dann auch die Möglichkeit für eine Professur.

„Das klingt jetzt vielleicht ein wenig nach Plattitüde, aber viel wichtiger als irgendwelche Superskills sind meiner Meinung nach eine gewisse Mischung aus Neugier, Wissensdurst, Umsetzungswille und Resilienz.“

Das klingt echt super, das Beste aus beiden Welten mitgenommen! Welches Skillset benötigt man für so einen Weg deiner Meinung nach? Und wann hast du gemerkt dass du das gut kannst was du jetzt machst?

Das klingt jetzt vielleicht ein wenig nach Plattitüde, aber viel wichtiger als irgendwelche Superskills sind meiner Meinung nach eine gewisse Mischung aus Neugier, Wissensdurst, Umsetzungswille und Resilienz. Das ist für mich die Eintrittskarte, um dann die “persönliche Superpower” zu entwickeln. Zum Beispiel konnte ich in der Musikzeit viele Skills erlernen und in meinen jetzigen Beruf mitnehmen – denn irgendwie sind diese Welten gar nicht so verschieden. Der Hörsaal ist die Bühne, die Dienstreise etwas überspitzt die Tour, das Publizieren das Songwriting etc. Zu den erlernten Fähigkeiten zählen dabei soziale Skills (z.B. wochenlang auf engsten Raum gemeinsam im Tourbus ;)), über business skills (wir gründeten und führten erfolgreich ein Unternehmen in einer Industrie, die als einer der ersten von der digitalen Transformation disrupted wurde), bis hin zu Kreativität (die Musik, Texte, Videos, Artwork…) oder Präsentations- und Kommunikationsskills (public speaking war für mich früher echt eine Herausforderung, aber wenn Du dann das Nova Rock oder Sziget-Festival mit zigtausenden Leuten „überlebst“, bringt Dich so schnell nichts mehr aus der Spur).

Glaub’ ich dir gerne, public speaking ist aber für viele eine große Herausforderung…da nehm ich mich nicht aus 😉 Aber cool dass du das so verbinden konntest bzw eben die Essenz der verschiedenen Tätigkeiten nicht so weit voneinander entfernt sind, hast recht. Spannende Beobachtung. Lass uns auch mal auf die vielleicht etwas weniger schönen Momente blicken, die beinhalten ja auch immer viel „Lernpotezial“: gab es Rückschläge auf deinem Berufsweg und falls ja, was hast du persönlich daraus gezogen?

Ja klar, immer wieder, und das gehört ja auch dazu, sonst lernen wir nicht so nachhaltig. Ich hatte besonders in der Musikindustrie viele Fuckups, aber ich möchte kein einziges davon missen, obwohl ich das im Moment natürlich anders gesehen habe. Die Frage ist, wie Du damit umgehst. Und da habe ich gelernt, immer zu versuchen, auch im Moment das Positive zu suchen, das mitzunehmen und nach vorne zu schauen.

Da bin ich ganz bei dir! Oft führt auch erst der berühmte Leidensdruck zu den großen AHAa! Und dann lernt man etwas wirklich nachhaltig. A propos „Lernen“ (was für ein Übergang!): wie lernt man eigentlich richtig? Generell gesehen und auch speziell im Studium? Gibt es Ansätze die du für Studierende hast, um ihnen dein Wissen zu vermitteln? Wie holt man deiner Meinung nach am meisten für sich raus und wie schafft man es sich viele Informationen zu merken?

Ich glaube, es gibt keinen heiligen Gral, wie man richtig lernt. Drei Prinzipien funktionieren aber bei mir und meinen Inhalten besonders gut: Partizipation, Herausforderung und Spaß. Ich lade die Studierenden ein, Mitgestaltende im Hörsaal zu werden. Und dieser Hörsaal ist unser „safe space“. Hier können wir diskutieren, reflektieren und Neues ausprobieren: Wie auch zuvor erwähnt, muss dabei Scheitern und Lernen erlaubt sein. Innerhalb dieses sicheren Rahmens fordere ich die Studierenden auf, ihre Komfortzonen zu verlassen und sie sollen auch mich herausfordern. So können wir uns alle weiterentwickeln. Und bei allem Ernst und akademischen Anspruch darf auch Lockerheit und Spaß nicht fehlen – die wenigsten lernen gut mit einer Pistole am Kopf 😉

„Ich glaube, es gibt keinen heiligen Gral, wie man richtig lernt. Drei Prinzipien funktionieren aber bei mir und meinen Inhalten besonders gut: Partizipation, Herausforderung und Spaß.“

Tolle Einstellung, klingt wirklich super. Das sah‘ in meinem Studium noch ein bisschen anders aus 😉
Solche Veränderungen passieren ja eher schleichend, während sich die Welt in vielen anderen Bereichen rasend schnell verändert im Moment. Seit der Pandemie hat sich dazu das Gefühl eingeschlichen, gar nicht mehr richtig mitzukommen irgendwie. Das ist teilweise mein eigenes Gefühl, aber auc hdas Feedback aus sehr vielen Gesprächen und Interviews. Wie reagiert ihr an der FH JOANNEUM auf diese „neue Welt“, wenn ihr langfristig angelegte Studiengänge entwickelt? Oder passt ihr diese fortlaufend an?

Das ist ja gerade das Spannende. Unsere Rolle hat sich verändert. Ich lerne und reflektiere mit KollegInnen und den Studierenden gemeinsam die neuesten Entwicklungen. Wir können nicht mehr (bzw. konnten eigentlich nie) alles wissen und vorhersagen, es wird jetzt nur noch deutlicher und intensiver. Bei den Studiengänge ist das natürlich eine Herausforderung, zum Glück lässt uns die “akademische Freiheit” eine gewisse Flexibilität bei der Umsetzung der Curricula (welche wir natürlich auch überarbeiten, aber mit entsprechenden Vorlaufzeiten).

Klingt gut. Ich persönlich glaube dass wir die Herausforderungen die auf uns zukommen so oder so nur gemeinsam lösen können!
Im digitalen Raum ist die Entwicklung nochmal potenziert. Die Entwicklung von „AI“ (also eigentlich ja Machine Learning 😉 geht rasant voran. Welchen Impact wird das deiner Meinung nach wirklich haben? Betrachtet auf unser Leben, sowohl privat als auch beruflich?

Massiv. Sozial, beruflich, privat, technologisch, überall. Ganze Berufsbilder drehen sich gerade, auch für die Wissenschaft und Hochschullehre hat das große Auswirkungen. Das beginnt bei kleineren Fragen, bei uns etwa die Leistungsüberprüfung (das Ende von take-home assignments?) bis hin zu Neu-Definitionen von ganzen Berufsanforderungen (prompt engineering für xy).

Auf genau diese berufliche/gesellschaftliche Entwicklung geht ihr ja auch im Global Entrepreneurship Monitor Austria sein, oder? Die Wirtschaft spiegelt das ja immer direkt. Um was genau geht es bei der Studie und welche Rolle obliegt dir dort?

Der Global Entrepreneurship Monitor Austria ist die größte internationale Vergleichsstudie zu Entrepreneurship und wir erheben hier in regelmäßigen Abständen die unternehmerische Aktivität, Einstellungen zum Unternehmertum oder Rahmenbedingungen und benchmarken dann diese mit anderen Ländern, um voneinander zu lernen und Handlungsempfehlungen für den Standort abzuleiten. Ich leite das Österreich-Chapter und bin in der internationalen Forschungsgruppe dabei. Ein wirklich spannendes Projekt.

„Auch wenn ihr vielleicht gar nie selbst gründen wollt, diese entrepreneurial skills sind universal, die könnt ihr in jedes Unternehmen, ob groß oder klein, in jeden Sektor, in jede Position, oder auch privat und wenn nur fürs Hobby oder den Verein mitnehmen.“

Klingt auch so! Hast du einen Rat für alle, die Unternehmer:in werden wollen? Dafür braucht es ja ein spezielles Mindset, welches sich dann super auf andere Bereiche übertragen lässt, oder?

Absolut. Das ist auch immer meine Message an die Studierenden: auch wenn ihr vielleicht gar nie selbst gründen wollt, diese entrepreneurial skills sind universal, die könnt ihr in jedes Unternehmen, ob groß oder klein, in jeden Sektor, in jede Position, oder auch privat und wenn nur fürs Hobby oder den Verein mitnehmen. Und wie Du sagst, geht es dabei sehr stark ums richtige Mindset, und dazu zählen wieder Neugier, Umsetzungswille und Resilienz. In Österreich sehen wir übrigens in den Daten des Global Entrepreneurship Monitors, dass knapp 50% der Personen im erwerbsfähigen Alter dzt. gute Gründungsmöglichkeiten wahrnehmen, aber tatsächlich nur 8,5% haben entsprechende Intentionen, ein Unternehmen zu gründen. Diese Kluft ist bei uns besonders stark ausgeprägt. Es gibt also noch viel zu tun.

Ja, oft fehlt ein bisschen der Mut, und es gibt im deutschsprachigen Raum auch keine ausgeprägte Fehlerkultur. Das hindert glaube ich viele mal was zu probieren, man wird dann sehr schnell stigmatisiert. Hast du vielleicht noch generelle Tipps für Menschen, die sich selbstständig machen möchten? Auf was sollte unbedingt geachtet werden und was sind die wohl größten Fehler die man machen kann?

Die größten Fehler sind aus meiner Sicht: zu wenig Flexibilität (zu stark auf eine Idee oder Lösung fixiert), zu wenig auf die Bedürfnisse der Zielgruppe/Kunden einzugehen und das Team. Hier hilft es schon sehr, vor der Gründung einfach mal mit einer dritten Person die jeweiligen Motive, Ziele, Ressourcen, Erwartungen und Risiken der Gründenden abzustimmen und kleine Missverständnisse zu Beginn auszuräumen, bevor diese zur unüberwindbaren Hürde werden.

Das perfekte Schlusswort! Vielen Dank für das interessante Gespräch, ich freu‘ mich schon auf das nächste 15seconds mit dir!

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