„Wer selbst keine Entscheidungen trifft, lässt das Leben und andere fĂĽr sich entscheiden.“
Bittersüß, so würde ich die ersten Jahre meiner Selbstständigkeit bezeichnen. Von einer (fast schon) naiven Vorstellung von Freiheit und Erfolg, über verschobene Ansichten bis zum (schmerzhaften) Aufschlag zurück in der Realität.
Über 3 Jahre habe ich gebraucht, um zu erkennen, was der Begriff „Selbstständigkeit“ für mich bedeutet. Dabei habe ich mehr über mich gelernt, als ich (jemals) lernen wollte. Ich bin gewachsen, habe Erfolge gefeiert, musste Rückschläge einstecken und herausfinden, wo meine wunden Punkte liegen.
All diese Erfahrungen sind für mich keine Einzelschicksale, sondern viel mehr der größte gemeinsame Nenner der „Selbstständigkeit“. Zumindest dann, wenn wir sie miteinander teilen. Wenn wir unsere Geschichten erzählen, schonungslos ehrlich, mit viel Herz und Empathie. Und genau das möchte ich heute versuchen.
Kapitel 1: BauchgefĂĽhl
Irgendwann (viel zu früh) habe ich aufgehört, auf mein Bauchgefühl zu hören. Oder schlimmer noch, ich habe angefangen, es absichtlich zu überhören. Dieses mulmige Gefühl im Bauch, die leise Stimme, der stille Zweifel. All das habe ich beiseitegeschoben und viel zu lange ignoriert.
Warum? Die Frage habe ich mir in den vergangenen Monaten oft gestellt. Meine ehrliche Antwort: Aus Unsicherheit und Bequemlichkeit. Unsicherheit, weil ich mir selbst sehr lange nicht zugetraut habe, selbstständig zu sein. Ich hatte immer das Gefühl, mir fehlt es an allem … an Erfahrung, Wissen, Kompetenz … und ich habe einfach nicht das „Zeug“ dazu. Bequemlichkeit, weil ich insgeheim wusste, dass mein Bauchgefühl recht hat. Was im Umkehrschluss wiederum bedeutet hätte, dass ich Dinge ansprechen und ändern muss. Und dazu war ich einfach (noch) nicht bereit.
Die Konsequenz? Nach nur wenigen Monaten hatte ich eigentlich keine Ahnung mehr, was ich will. Ich war im ständigen Zweifel mit mir selbst, habe mich viel zu sehr nach außen orientiert und war super unzufrieden. Das brachte nicht nur Druck und Stress, sondern auch mich ganz weit weg von dem, was ich mir ursprünglich von meiner Selbstständigkeit gewünscht habe: Freiheit.
Kapitel 2: Grenzen
Eine weitere Sache, die ich lernen musste: Wo liegen meine Grenzen? Zum einen darin, was ich leisten kann. Zum anderen darin, was und wie ich leisten möchte.
Ersteres habe ich schmerzhaft gelernt. Zu wenige Pausen, kaum Urlaub, Unzufriedenheit, Druck und Stress haben meinen Körper (zurecht) in Alarmbereitschaft versetzt. Es folgten schlaflose Nächte, Panikattacken und so viele Krankenstände wie noch nie.
Zweiteres war und ist wiederum eine der wichtigsten Erkenntnisse meiner Geschichte. Viel zu lange hatte ich Angst davor, was ein NEIN oder SO NICHT für Konsequenzen haben würde. Aber ich habe gelernt … zu sagen, was ich möchte oder nicht möchte, ist OK. Nein zu sagen, ist OK. Dinge nicht oder anders zu machen ist OK. Grenzen zu setzen ist (mehr als) OK. Man muss nur einmal damit anfangen, dann macht es ziemlich frei und ziemlich glücklich.
Kapitel 3: Entscheidungen
Wer selbst keine Entscheidungen trifft, lässt das Leben und andere für sich entscheiden. Was sich anhört wie ein kitschiges Wandtattoo, war für mich lange bittere Realität. Fast schon passiv bin ich durch meine eigene Geschichte geschlittert und habe mich dabei auch noch gewundert, warum die Richtung nicht stimmt. Rückblickend nicht nur naiv, sondern auch ziemlich feige.
Allerdings braucht es für Entscheidungen eine Menge Mut und den konnte ich an vielen Punkten einfach (noch) nicht aufbringen. Dabei waren es genau diese Entscheidungen, die schmerzhaften und unangenehmen, die ich rückblickend am meisten gebraucht habe. Für mein eigenes Wachstum und dafür herauszufinden, was ich eigentlich möchte.
Kapitel 4: Neustart
3 Jahre und Kapitel später steht alles auf Anfang. Entscheidungen wurden (endlich) getroffen, Grenzen gesetzt und auch das Bauchgefühl kehrt langsam wieder zurück.
Ich wage sogar zu behaupten, dass ich endlich weiĂź, was ich (wirklich) will. Ich will Freiheit, ich will auf mich vertrauen, ich will Gesundheit, ich will Begeisterung und ich will Arbeit, die ich richtig gerne mache.
Zeit also für ein neues, ehrliches Kapitel. Mein Bauchgefühl sagt auf jeden Fall, es wird gut! 🙂