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Good At Kolumne: Alissia Passia

Lückenlos, vielseitig, flexibel – so soll der perfekte Lebenslauf aussehen. Nur nicht zu oft gewechselt, nicht zu viel gesucht, nicht zu ehrlich. Aber was, wenn das Leben dazwischenkommt? Passia schreibt über die kleine Schere im Kopf und warum wir über Karrierebrüche anders sprechen sollten.
„Transparenz als gern genutztes Buzzword, im Firmen-Inneren jedoch eher im Kleingedruckten.“

Lückenlose Täuschung
Die Lebenslauf-LĂĽge und andere Ungereimtheiten

Es gibt viele Dinge, mit denen sich Menschen in Schubladen stecken lassen. Ganz vorn dabei: der Lebenslauf. Zu große oder zu kurze Lücken, Selbstfindungstrips oder erdachtes, um ja nicht aufzufallen. Über Erlebtes und Weitererzähltes.

Im Leben läuft nicht alles nach Plan. So entpuppt sich der Traumjob nicht selten als Alptraum und so mancher flüchtet sich bereits während der Probezeit aus seinem festen Arbeitsverhältnis. Die, die Sitzfleisch haben, bleiben. Nicht selten, um zugunsten ihres Lebenslaufes zu handeln. Denn, wo kämen wir denn hin, wenn sich zwischen zweimonatiger Bewährungsprobe nun wieder ein halbes Jahr hat doch nicht gepasst reiht? Und so rückt der potenzielle und passende Kandidat für jede Lücke und kurze Station langsam in den Hintergrund der Begehrlichkeiten der Recruiting-Spezialisten.

Für einen nahtlosen Übergang länger lügen

Menschen wie ich fanden sich nicht selten in Gesprächen wieder, in denen es hauptsächlich um den persönlichen Werdegang und weniger um die geleistete Arbeit ging. So ist man als Kandidat nicht mehr als ein Stück Papier, gezeichnet vom Leben oder eben Dinge, die wir mieden, um wieder leben zu können. Denn da war ja noch etwas fernab des Arbeitsethos, das ironischerweise Lücken in der Karrierelaufbahn verursacht. Jede noch so kleine Verschnaufpause wird mit Argwohn beäugt, kein Wunder, dass viele hier Vorsorge betreiben und ihre Lücken durch ausgedehntes Strecken der letzten Beschäftigung für einen nahtlosen Übergang länger lügen. Oft gezwungenermaßen, um neugierige Nachfragen oder der berühmte Schubladendenke so mancher HR-Kraft zu umgehen.

So sind Mitarbeiter in Spe, die sich lange im vorherigen Unternehmen rumtrieben, gern gesehen. Dabei fällt nicht ins Gewicht, ob sich derjenige hier einfach den Arsch platt gesessen hat oder ein ambitionierter Situationsaussitzer ist. Eine lange Station wird oft positiv wahrgenommen, hier herrscht wohl mehr Wunsch als Wirklichkeit und das leise Hoffen auf ein ebenso langes Bestehen im eigenen Unternehmen. Menschen, die viel und gern etwas von der Agenturwelt mehr oder minder freiwillig mitgenommen haben, sind vielen ein Dorn im Auge. Man möge meinen, dass das viel auch für facettenreiche Erfahrung sprechen könnte, aber selten lässt es sich damit so sehr punkten, wie ein Selbstfindungstrip auf Bali oder eben die bewährte Aussitzer-Strategie, kaschiert hinter Ich wollte jede Chance mitnehmen. Und so geht LinkedIn auch mit diesem Trend der Lebenslauf-Politur mit und bietet seinen Nutzern Wohlklingendes für die gefürchtete Lücke. Von Trauerjahr bis Kündigung, sogar Entlassung, was auch immer der Unterschied hier sein mag, kann gewählt werden, dann doch lieber persönliche Zielverfolgung oder Wohlbefinden anwählen, was auch immer wir damit unserem zukünftigen Arbeitgeber beweisen möchten.

 

Vorauswahl an Wohlklingendem und Spannendem

Beim Bewerben geht es nicht selten um das reine Gefallen: mit Ausdauer bei der Jobwahl, spannenden Firmen, ebenso ambitionierten Vorhaben und schönmalenden Worthülsen, die aus Lücken Lobeshymnen aufs eigene Ego summen. Damit das Date mit der HR-Kraft wohlwollend beginnt und die Vorauswahl an Wohlklingendem und Spannendem erledigt wird. Doch obacht, wenn der Bewerber den Spieß umdreht und dieselbe Ehrlichkeit von dem Unternehmen verlangt, die er genötigter Weise an den Tag legen muss. Transparenz ist zwar ein gern genutztes Buzzword, findet sich bei vielen Firmen jedoch eher im Kleingedruckten. Auch wenn es erfrischend wäre, von dem Gegenüber über Defizite und Gründe für Abgänge in Kenntnis gesetzt zu werden, lassen wir uns weiterhin auf dem Silbertablett sezieren und beweisen mehr oder minder Mut zur Lücke. Wie wäre eine Arbeitswelt, in der sich Lebensläufe frei von Zeitangaben machen und sich Firmen an Firmen reihen? Während ich das aufschreibe, habe ich einen Gesprächspartner aus der Vergangenheit im Ohr, der den Ausdruck des Meinigen in Händen hielt und Wo sind die Daten fluchte. Wir reden in all erdenklichen Momenten von Weiterentwicklungen und bleiben, wie bei der oft gepredigten Digitalisierung, im Jahr 1995 stecken, in dem Wert auf ein freundliches Bewerbungsbild, eine penible Aufzählung der Stationen gemacht wurde und selbst die Abiturnote ihre Würdigung fand. Auch ich trage den Stempel des Agenturhoppers auf der Stirn und habe in der Vergangenheit ebenso Vorurteilsgebeutelte Menschen eingestellt. Denn liegt es nicht selten an firmeninternen Umständen und falschen Versprechungen, die in nicht erfüllten Erwartungen und eben in eine kurze Station münden? Würden wir uns alle mit mehr Ehrlichkeit begegnen, hätte aus so mancher Stippvisite sicherlich eine längere Episode werden können. In diesem Sinne: Auf mehr Transparenz auf beiden Seiten und geschlossene Schubladen.

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