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Good At Kolumne: Fedja Burmeister

Fedja Burmeister hat in renommierten Agenturen gearbeitet, Unternehmen beraten und mit The ODD seine eigenes Kommunikations- und Beratungsunternehmen gegründet. In seiner Kolumne für den Horizont gibt er jeden Monat sein Wissen weiter, dieses mal zum Thema “Pitch” – und warum dieses System in der Form nicht mehr funktioniert. Spoiler: Es braucht neue Regeln, mehr Transparenz und das richtige Mindset. Wie Pitches wieder zu echten Chancen statt reiner Belastung werden, jetzt im Magazin.
„Als Agentur muss man den Kunden, die Produkte, die Zielgruppen und den Markt grundlegend verstehen, um die richtigen strategischen und kreativen Antworten zu finden.“

Pitch – der richtige Weg zum neuen Glück?
Pitches begleiten die Branche seit Jahren, aber warum eigentlich?

Ein klassischer Pitch sieht wie folgt aus:
Es gibt eine Shortlist an Agenturen, die zu einem Chemistry Meeting – meistens ohne Briefing eingeladen werden.
Aus diesen 10-12 Agenturen bleiben 4-5 Agenturen über, die ein Briefing bekommen und danach den Kunden wahrscheinlich noch einmal bei einem Re-Briefing sehen, bevor dann die große Präsentation ansteht.

Jede:r in unserer Branche weiĂź, dass es so nicht mehr funktionieren kann. Vor allem, da die Aufgabenstellungen immer komplexer werden. Als Agentur muss man den Kunden, die Produkte, die Zielgruppen und den Markt grundlegend verstehen, um die richtigen strategischen und kreativen Antworten zu finden.

MĂĽssen Pitches daher nicht grundlegend anders gedacht werden?

Aus meiner Sicht gibt es drei Faktoren, die ĂĽber den Erfolg des Pitches entscheiden. Und mit Erfolg meine ich eine langfristige Zusammenarbeit zwischen Auftraggeber und Agentur.

Faktor 1: Zeit.
Pitchen heiĂźt Zeit investieren.
Das beginnt mit der Vorbereitung des Chemistry Meetings. Hier braucht es bereits ein klares Briefing des Kunden. Was möchte ich erfahren? Wen möchte ich kennenlernen? Was bringe ich mit? Nur so kann schon das erste Kennenlernen zielführend sein.

Und nach dem Chemistry Meeting und dem Briefing der teilnehmenden Agenturen hört es nicht auf mit dem Zeit-Investment des Kunden. Hier bedarf es intensiven Austausch. Ob Schulterblicke oder Workshop-Formate sind je nach Aufgabe definierbar, nur so kann die richtige Lösung herauskommen. Natürlich ist das anstrengender als ein klassischer Pitch für den Auftraggeber, aber es wird sich lohnen.

In den letzten Jahren ist mir ein Pitch positiv im Gedächtnis geblieben. Der Kunde war gut vorbereitet, hat sich ausgiebig Zeit für die Kennenlernphase genommen und anstelle von Präsentationsterminen wurden Strategie-Workshops gemacht. Echte Workshops, wo das Ergebnis gemeinsam erarbeitet wurde. Es war ein Ausprobieren einer möglichen Zusammenarbeit. Keine Materialschlachten, keine endlose Werbemittel-Liste, die man ausarbeiten musste.

 

Hier fehlt mir oft das Verständnis von Kunden und Pitchberater:innen. Denn für die Agenturen bedeutet ein Pitch ein großes wirtschaftliches Investment. Ein Pitch verschlingt schnell 30-50k. Logisch, dass Agenturen vor allem in der aktuellen Situation genau abwägen, ob eine Pitchteilnahme Sinn macht oder nicht. Durch eine neue Art des Pitchens kann das Risiko minimiert werden. Und zwar das Risiko für beide Seiten. Der Kunde lernt die Agentur wirklich kennen, und zwar das Team, das langfristig für den Kunden arbeiten wird und nicht nur das „Pitch-Team“. Für die Agentur bedeutet so eine Form des Pitches weniger wirtschaftliches Risiko, weil das Team kompakter sein kann und der Rattenschwanz an Werbemitteln, Moodfilmen etc. wegfällt.

Faktor 2: Transparenz
Ein Pitch braucht Regeln wie klare Timings, Bewertungskriterien, Budgets und Informationen ĂĽber die Entscheider:innen. Auch sollte das Finanzielle und Vertragliche frĂĽh im Prozess besprochen werden.

Dazu kommt aber meiner Meinung auch eine Offenheit und Transparenz. Wie viele Agenturen sind eingeladen, warum gibt es diesen Pitch jetzt und welche Agenturen sind dabei. Vor allem der letzte Punkt wird sehr ungern beantwortet – wobei sowieso alle in der Branche wissen, wer dabei ist.

Faktor 3: Mindset
Was erhoffe ich mir durch einen Pitch als Auftraggeber eigentlich?

Früher wollte man überrascht werden von einer tollen Idee, einem schönen TV-Spot oder einer lustigen Headline-Kampagne. Aber heutzutage sind die Anforderungen an die Kommunikation viel komplexer geworden. Das Ziel eines Pitches muss es sein, einen Partner für diese Komplexität zu finden. Es geht nicht um eine Idee, sondern eine langfristige Basis, einen Grundgedanken und ein Teamwork. In einem neu gedachten Pitch entsteht ein Gefühl für das Gegenüber, wie ticken die da eigentlich, wie fühlt es sich an, mit denen zu arbeiten.

Bei Springer&Jacoby gab es für neue Mitarbeiter:innen den sogenannten Segeltest. Also kann ich mir vorstellen, mit dieser Person einen Segeltörn zu machen. Genauso ist es eigentlich beim Pitchen. Kann ich mir vorstellen, mit diesem Kunden oder dieser Agentur die nächsten Monate, im besten Fall Jahre zusammenzuarbeiten. Daher finde ich, dass anonyme Ausschreibungen in unserem Bereich vollkommen fehl am Platz sind.

Pitches sind wichtig für Auftraggeber und bleiben valides Mittel, um mehrere Agenturen kennenzulernen. Aber wie dieses Kennenlernen aussieht, sollte verändert werden. Damit Pitches keine Last, sondern wieder Lust sind.

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