„Unser digitales Zuhause isoliert uns, es entfremdet uns von unserer wahren Heimat: der Welt.“
Inmitten der Hektik unseres digitalen Zeitalters, das von Bildschirmen und ständiger Vernetzung beherrscht wird, drängt sich eine unausweichliche Frage in den Vordergrund: Wohin führt uns dieses Leben?
Noch vor wenigen Monaten hat mir diese Frage große Angst bereitet. Die Endlichkeit wirkte bedrohlich auf mich. Sie war wie ein Grizzlybär, der plötzlich aus dem tiefen Wald auftaucht, sich vor einem aufbaut und erstarren lässt. Anstatt in solchen Momenten auszuharren und innezuhalten, fliehen wir. Wir versinken in unseren Handys, lösen unseren Blick kaum mehr vom Display und schirmen uns mit Noise-Cancelling-Kopfhörern beinahe gänzlich von der Realität ab.
Immer öfter fällt mir auf, wie weit diese digitale Flucht mittlerweile reicht. Morgens in der U-Bahn starren die Köpfe bereits aufs Smartphone, beim Spazierengehen muss man ausweichen, weil die Menschen nicht mehr aufschauen. Kaum landet das Flugzeug, greifen wir blitzschnell zu unserem Handy. Es ist immer und überall dabei, aber die Frage ist: Sind wir es noch? Nehmen wir noch aktiv teil an unserem Leben?
Wir verbringen mehr als acht Stunden am Tag vor unseren Bildschirmen und glauben, dies sei die große Bühne des Lebens. Dabei lässt es uns vieles vergessen: wohin wir gehen, was wir essen oder was wir eigentlich tun wollten. Unser digitales Zuhause isoliert uns, es entfremdet uns von unserer wahren Heimat: der Welt. Wir verlieren den Bezug zu uns selbst, zu unserer Umwelt und zu anderen Menschen. Doch unser Smartphone gaukelt uns etwas anderes vor. Wir denken, wir sind mitten im Geschehen, weil wir uns in Sekundenschnelle austauschen können. Aber der Schein trügt. Wir sind völlig isoliert, und das mag absurd klingen, weil wir den ganzen Tag mit so vielen Menschen im Austausch stehen. Doch die Frage ist: mit welcher Qualität?
Vielleicht ist es an der Zeit, unser Sein und Handeln bewusst kritischer zu hinterfragen. Denn die wahren Wurzeln unserer Probleme liegen nicht in der AuĂźenwelt, sondern in uns selbst. Der italienische Journalist und Schriftsteller Tiziano Terzani brachte dies bereits vor Jahren in einem seiner BĂĽcher zum Ausdruck: „Wir haben das GefĂĽhl dafĂĽr verloren, wer wir sind, den Sinn dafĂĽr, wie zerbrechlich und eng verflochten diese Welt ist, in der wir leben.“
Dieses Gefühl gilt es wiederzufinden. Wir müssen lernen, innezuhalten und Zeit zum Nachdenken zu finden. Das ist heute wichtiger denn je, damit wir wieder erkennen, welchen Beitrag wir als der Mensch, der wir gerade sind, leisten können, um diese Welt ein kleines bisschen besser zu machen.