Ohne mich selbst zu loben, ich war mein Leben lang vermutlich eine tolle Mitarbeiterin und Kollegin. Warum? Ich kannte keine Grenzen. Ich war eine notorische Ja-Sagerin. „Kannst du das noch übernehmen?“ – „Klar.“ … „Geht sich das auch noch aus bei dir?“ – „Ok.“ … „Der Kunde hat angerufen, er braucht’s nun doch schon 2 Wochen früher als gebrieft.“ – „Puh, ok.“. Mein stärkstes Nein war maximal ein kraftloses Ja. Ich hab‘ einfach nicht drüber nachgedacht, es kam wie automatisch über meine Lippen. Auch wenn alles in mir Nein gebrüllt hat, sagte ich Ja.
Warum zur Hölle habe ich nie gelernt Grenzen zu setzen und Nein zu sagen?
Google hat hier ziemlich gescheite Antworten. Und davon echt viele. Ich bin wohl nicht die Einzige, die ständig allen Menschen erlaubt, ihre Grenzen niederzurennen. Und um ehrlich zu sein, ich kann ihnen gar nicht böse sein. Ich hab‘ ihnen ja auch noch mit einem Lächeln die Türe geöffnet und sie hereingebeten. „Lasst die Schuhe ruhig an, das macht nix.“
Aber zurück zu Google: hier steht, dass man wohl Angst hat vor einem klaren Stopp. Angst vor Ablehnung, einem Konflikt oder davor andere zu enttäuschen. Well done, Google. Ich hatte immer Angst, es nicht zu bringen. Nicht zu performen. Fun Fact: Meine schärfste Kritikerin war allerdings immer nur ich selbst.
Ich wollte mich beweisen. Wollte zeigen, dass ich dem ärgsten Stress standhalte. Und das habe ich. Jahrelang. Mit Erfolg, tollen Projekten, tollen Preisen, tollen Jobangeboten.
Doch dann kam jemand in mein Leben, der mich lehrte, NEIN zu sagen. Der mich in die Knie zwang und mich komplett vor mir selbst bloßstellte. Ich konnte nicht mehr kaschieren, nicht mehr nächtens kompensieren, nicht mit 2 Litern Red Bull die letzten Kraftreserven mobilisieren. Dieser jemand ist seither mein ständiger Begleiter. Mein strenger Blick, wenn ich wieder zu wenig auf mich schaue. Meine laute Stimme, die NEIN sagt, wenn es mir die Sprache verschlägt. Meine liebevolle Umarmung, wenn ich schwach bin. Und mein „Du kannst alles schaffen!“, wenn ich an mir zweifle.
Dieser jemand ist meine Krebserkrankung und sie hat mich zweimal beinahe mein Leben gekostet. Heute bin ich zum Glück dank toller Ärztinnen und Ärzte gesund.