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Good At Kolumne: Lisa Schmid

Lisa Schmid ist Freelance Texterin und Konzepterin. In ihrer Kolumne teilt sie mit uns ihre Gedanken zum Sprung in die kreative Freiberuflichkeit und was – und vor allem wie viele – es dazu braucht.

„Ein:e Mentor:in ist erst mal jemand, der mehr weiß, als man selbst. Ein Affe mit Stecken, der weiß, wie man an die saftigsten Käfer rankommt – mit starken Schultern statt dicker Hose.“

Fast hätte er mich davon abgehalten, mein Leben auf den Kopf zu stellen: Der Mythos vom Freelancer als einsamer Wolf. Als Lucky Luke, der mit iQOS im Mundwinkel durch die weite Werbelandschaft streift – immer auf der Suche nach einem hinkenden KMU, um das sie ihr Lasso schlingen können, um ihm ein neues Branding zu verpassen. Aber stimmt das denn? Oder ist es an der Zeit, unser Morris’sches Berufsverständnis zu überholen?

MONKEY SEE, MONKEY DO

Marty McFly hatte Doc, Fleabag hat Belinda, alle Drag Queens haben RuPaul. Und ich hatte Renate. Als ausgezeichnete Wirtschaftsjournalistin und alte Familienfreundin war sie die Erste in meinem direkten Umfeld, die zu beobachten es mir realistisch und erstrebenswert erscheinen ließ, beruflich zu schreiben. Realistisch und erstrebenswert werden Dinge oft erst, wenn wir sie an anderen beobachten und bewundern können. Die wenigsten von uns finden Inspiration im luftleeren Raum, und noch weniger haben das Glück, beim Mäandern eine:n Mentor:in zur Seite gestellt zu bekommen. Dabei darf man sich die doch einfach nach Gutdünken ausdenken!

Super, wenn sie einem vom Wandposter aus ermutigend zulächeln.

Kalifragilistik, wenn man ihre Telefonnummer hat.

Expialigethisch, wenn sie auch noch so aussehen, wie man selbst.

Unpopular opinion: Ein:e Mentor:in muss gar nicht immer mitbekommen, wer sich da gerade unter ihren Flügeln zu ersten Flugversuchen aufplustert. Viele von ihnen haben gar nicht die Zeit oder Muße, sich selbst als Mutmacher:in zu verstehen. Ich hab mir im Laufe meiner Karriere schon viele Mentor:innen auserkoren, die von ihrem Glück gar nichts wussten. Renate weiß bis heute nicht um ihre Wirkung auf mein junges Schreiben. Bis heute. Hallo, Renate!

Ein:e Mentor:in ist erst mal jemand, der mehr weiß, als man selbst. Ein Affe mit Stecken, der weiß, wie man an die saftigsten Käfer rankommt – mit starken Schultern statt dicker Hose. Auf erstere klettert man dann, um sich einen Überblick darüber zu verschaffen, was man eines Tages selbst zu meistern gedenkt.

 

TANDEMSPRUNG IN DIE SELBSTÄNDIGKEIT

Freelancen ist erst mal Freifall. Wie beim Sprung aus 1000m Höhe gilt: Den ersten Flugversuch macht man auch nicht ohne Tandempartner:in.

Fallschirmspringen eigentlich so verrückt: Da geht einmal der Schirm nicht auf und schon brettert eine:r ungespitzt Richtung rock bottom. Im Schnitt sterben ca. 6 Menschen pro Jahr bei einem Fallschirmsprung. Macht immer noch eine lediglich 0,0013 prozentige Unfall-Wahrscheinlichkeit. Das müsste jetzt einer mit den Zahlen vom AMS gegenrechnen. Das Risiko zu scheitern und an den eigenen Ambitionen zu zerschellen, scheint beim Freelancen doch ungleich höher. Und doch: Allein in Wien wagten nach Stand 2021 bereits 92.100 Leute den Sprung in die Selbständigkeit. Eine von ihnen war ich. Meine Mentor:innen dabei immer eng um den Rücken geschnallt.

NOT ALL MENTORS WEAR CAPES

Ein:e Mentor:in muss kein unerreichbares Idol sein und schon gar kein Lifecoach. Eine meiner Mentor:innen ist meine beste Freundin, die mir mit ihrer langjährigen Freelance-Erfahrung als internationale Make Up Artist regelmäßig die Ohren langzieht, um mir hineinzusäuseln, ob ich denn meine SVS schon überwiesen habe. Wer den Schritt in die Selbständigkeit wagen möchte, muss sich daher ehrlich fragen: Who’s the Princess Caroline to my Bojack? Und wenn es die Busenfreundin ist, oder der Typ, mit dem man sonntags am Puch herumschraubt – Mentorship meint Leute, die einen dazu inspirieren, über sich selbst hinauszuwachsen, weil sie ihre eigene Craft bzw. Kraft so gut meistern, dass man nicht umhin kann, es ihnen gleichtun zu wollen.

BANDEN BILDEN STATT NUR NETZE WERKEN

Mentorship meint auch: Community. Wir alle begegnen im Laufe unserer Lehr- und Wanderjahre Leuten, deren Arbeit und Ethos wir bewundern. Die Selbständigkeit ist nun der Zeitpunkt, an dem es gilt, sein altes Adressbuch und LinkedIn zu entstauben. Im Schulterschluss mit anderen Selbständigen lösen sich Knoten, an denen man selbst sich oft die Zähne ausbeißt. Frei nach dem afrikanischen Sprichwort: Willst du schnell gehen, geh alleine. Willst du weit gehen, trommel alle deine Kolleg:innen zum sonntäglichen Mimosa-Brunch zusammen, um über Gott und die neue Kleinunternehmerregelung zu philosophieren.

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