Liebe Johanna, ich freue mich, dass wir sprechen! Steigen wir gleich mal ein, wir kennen uns ja FAST von Jung von Matt 😉 Dort warst du ja in der Strategie, aber dann isses ziemlich crazy weitergegangen bei dir! Erzähl mal!
Nach meiner Zeit bei JVM bin ich zu moodley als Markenberaterin gewechselt und 2021 dann nach New York City gezogen. Für den Trip über den großen Teich habe ich schnell meinen Verlobten geheiratet, damit er mitkommen konnte, die Wohnung aufgegeben und das Auto verkauft. Schon mit 16 hatte ich mir vorgenommen, irgendwann in dieser Stadt zu leben – ob nur einen Monat oder fast zwei Jahre, das war damals noch unklar. In New York habe ich meinen MBA gemacht und schön viel kennengelernt. Viele sprechen in Österreich gerne über „Thinking Big“, aber wirklich groß denken traut sich kaum jemand. In New York dagegen macht das jeder und jede. Jede Person hat dort teurere Träume. Mit „teuer“ meine ich nicht materielle Dinge, sondern Träume, die mehr von einem verlangen – mehr Zeit, mehr Kreativität, mehr Lernbereitschaft. (Obwohl es sich in der Stadt nicht wirklich für irgendeinen Traum sparen lässt, wenn die Einzimmerwohnung etwa 4000 Dollar kostet und ein mittelmäßiges Glas Wein 18 Dollar.)
Nach New York City hab ich mich dann voll und ganz selbstständig als Brand Consultant gemacht und bin vor Kurzem nach Amsterdam gezogen und berate Private Equity Funds und Start-ups bei ihren strategischen Problemen, die sich rund um Brand Strategy befinden – oder auch mal nicht.
„Alles, was vertraut ist oder wird, sollte man immer wieder mal verlassen.“
Warum ist es aus deiner Sicht wichtig, die heimatliche Komfortzone zu verlassen?
Ich verstehe die Frage so, dass sie nicht nur geografisch gemeint ist. Alles, was vertraut ist oder wird, sollte man immer wieder mal verlassen – Kulinarik, Musik, Sprachen, Büchergenres. Durch das Verschieben von einem selbst auf geografischer Ebene, kommen viele neue „potenzielle Komfortzonen“ automatisch. Ich bin davon überzeugt, dass das Verlassen von bekannten Zonen und das Ausprobieren von Neuem einen reicher macht. Man gewinnt neue Freunde, Wissen, kann besser zweifeln, hinterfragen und entwickelt eine stärkere Meinung zu Themen, weil man mehr Perspektiven und Erfahrungen kennt. UND – mein Favorit – man kann besser Kombinieren! Durch das Mischen von bestehenden Modellen (egal ob Kommunikations- oder Businessmodellen) schafft man nicht nur viel Mischmasch, aber auch neue kreative Ansätze, die oft als Sprungbrett für viele weitere Gedanken dienen können.
Warum ist Strategie international so unglaublich wichtig und essenziell, hier am Markt aber gerade in den letzten Jahren eher stiefmütterlich behandelt worden? Warum glaubst du, dass Strategie so wichtig ist?
Mahler hat gesagt, dass in Wien alles 50 Jahre später passiert. So dramatisch ist es nicht, aber ähnlich. Während Städte wie London und Berlin die Bedeutung von Strategie schon früh erkannt haben, musste sie in Wien erst ankommen. Ob Strategie jetzt schon in allen Agenturen akzeptiert ist und die Kreativen nicht mehr die einzigen Heiligen sind, weiß ich nicht. Dafür war ich zu lange weg.
Die zweite Frage ist einfach zu beantworten. Strategie bedeutet hauptsächlich „fragen, denken und entscheiden“ – und wir wissen, dass alles drei wichtig ist. Es macht Sinn zu überlegen, zu fragen, zu zweifeln und dann zu entscheiden, bevor man handelt. Mit all den vielen Möglichkeiten heute kommen auch viele Risiken – und Wege, auf denen man sich als Marke verlaufen und somit verwässern kann. Deshalb müssen wir klüger und bewusster an Dinge herangehen – dabei hilft die Strategie. Mit einem starken Konzept, das auch Ecken und Kanten hat, kann man als Marke am Markt gefährlicher sein – und wir brauchen mehr gefährliche Marken. 😉
Was genau ist dein Angebot als Selbstständige? Was heißt “Workshop as a Service“ für dich, und warum ist das wichtig?
Ich liebe alles, was mit Brand Strategy zu tun hat. Und alles, was ich liebe, biete ich an – von fundamentalen Themen wie Brand Positionierung, Brand Architecture und Naming über Kampagnenstrategien bis hin zu Investor Pitch Präsentationen. Am liebsten helfe ich dabei, Businessentscheidungen und -wünsche in markenstrategische Bedeutung zu übersetzen.
Workshops as a Service – diese Idee entstand, als sich bei einem meiner Kunden zeigte, wie groß der Bedarf an regelmäßigem gemeinsamen Hinterfragen von Bestehendem war. Wir haben uns regelmäßig unterschiedlichen Themen gewidmet und diese mit verschiedenen Ansätzen analysiert. Daraus entstanden neue Erkenntnisse, Bedürfnisse und Wünsche. Das WaaS-Konzept ist nicht an ein bestimmtes Thema gebunden – vor allem nicht nur an markenstrategische Themen. Es entstand, weil mich ein Kunde für ein Projekt buchte, in dem ich keine Expertin bin, sie aber meine Organisation, Mediation und kreativen, analytischen Ansätze schätzten.
„Mit einem starken Konzept, das auch Ecken und Kanten hat, kann man als Marke am Markt gefährlicher sein.“
Du hast ja auch sehr an deiner Stimme und deinem Auftreten gearbeitet. Wie ist das genau vonstattengegangen und wie merkst du den Effekt im Alltag?
Ja, seit Anfang des Jahres nehme ich Stimmunterricht. Es geht nicht ums Singen, sondern darum, die Stimme resonanter und klarer zu machen. Diese Idee entstand während eines Projekts, bei dem ich einen Workshop mit 36 Personen leitete. Das heißt: großer Raum, viele Menschen – darin kann sich eine Stimme schnell mal verlieren. Ich versuche immer wieder andere Medien und Methoden in meinen Workshops zu verwenden und bei diesem besagten Workshop habe ich entschieden etwas aus einem Buch vorzulesen. Ich versuche immer wieder andere Medien und Methoden in meinen Workshops zu verwenden und habe bei diesem Workshop entschieden, etwas vorzulesen. Dabei müssen alle ruhig sein, die Stimme stark, die Aussprache klar und die Betonung passend. Das lerne ich mit meinem Voice Coach. Wir arbeiten auch daran, meinen Vocal Fry loszuwerden, den ich mir in New York eingefangen habe. Der Effekt im Alltag zeigt sich noch nicht, aber bei Präsentationen, wenn ich meine Übungen vorher mache, sollte weniger “Kardashian”-kratzen erkennbar sein. 😉
Danke Johanna für das schöne Gespräch!
Mehr über Johanna und ihre Arbeit erfährst du hier.