„Nur wenn Persönlichkeit spürbar wird, entsteht Bindung.“ – Wie hat sich deine eigene Persönlichkeit in den letzten Jahren in Studio Arde eingeschrieben?
Ich würde sagen, meine Persönlichkeit und Werte sind das Fundament von Studio Ardē. Ich glaube, so muss es auch sein, damit unser Tun wirklich authentisch ist.
Der Wunsch, Agentur neu zu denken, anders und mit Impact zu arbeiten, Werte sichtbar zu machen und Menschen zu ermutigen, sich zu zeigen, prägt alles, was wir tun.
Ich habe selbst erfahren, wie herausfordernd es ist, sichtbar zu werden, Raum einzunehmen (besonders als junge Frau) und erlernte Unsicherheiten und Selbstzweifel abzulegen.
Diese Erfahrung steckt heute in jeder Marke, die wir begleiten.
Bei unserer Arbeit geht es nicht nur um Ästhetik, sondern um Haltung, Klarheit und Selbstwirksamkeit.
Ich glaube, dass Unternehmen Ausdruck der Menschen dahinter sind und dass Markenarbeit politisch sein darf.
Ich möchte FLINTA*-Personen ermutigen, laut, unbequem und sichtbar zu sein und ihr volles Potential auszuschöpfen. Ich weiß, wie sehr das das eigene Leben und auch das eigene Unternehmen positiv verändern kann. Weil lich selbst den Weg weg von Unsicherheit und Anpassung gegangen bin.
Ich glaube, das macht unsere Arbeit glaubwĂĽrdig: weil ich nichts vermittle, was ich nicht selbst durchlebt habe.
„Der Wunsch, Agentur neu zu denken, anders und mit Impact zu arbeiten, Werte sichtbar zu machen und Menschen zu ermutigen, sich zu zeigen, prägt alles, was wir tun.“

Ihr macht Marken erlebbar – digital, analog, strategisch. Was macht für dich eine Marke aus, die wirklich hängenbleibt?
Marken, die in Erinnerung bleiben, haben Tiefe. Sie trauen sich, Position zu beziehen, Meinung zu haben, Ecken und Kanten zu zeigen und nicht allen gefallen zu wollen. Sie schaffen Verbindung nicht über “Laut-Sein”, sondern über “Echt-Sein”.
Für mich entsteht echte Markenwirkung nicht durch Ästhetik und Design allein. Sondern durch ein stimmiges Zusammenspiel aus Haltung, Identität, visuellem Auftritt und konsistenter Kommunikation, über alle Touchpoints zwischen Marke und Kundschaft hinweg.
Eine starke Marke ist spürbar. Sie vermittelt ein klares Gefühl. Sie zieht die richtigen Menschen an. Und das nicht, weil sie „perfekt“ ist, sondern weil sie echt, differenziert und relevant ist.
Was bleibt, ist nicht nur der Look, sondern ein Eindruck. Und genau das ist unser Ziel bei jeder Zusammenarbeit: Marken zu schaffen, die nicht nur schön aussehen, sondern nachhaltig wirken.



2025 ist die Businesswelt noch immer männlich dominiert. Was bedeutet es, in diesem Umfeld gezielt Unternehmen mit Frauen in Führungsrollen sichtbar zu machen – und wie reagiert das System darauf?
Sichtbarkeit zu schaffen bedeutet nicht nur, hübsche Marken aufzubauen, sondern aktiv Raum zu schaffen, wo bisher wenig Platz war. Es heißt, FLINTA*-Unternehmen nicht nur zu unterstützen, sondern sie klar zu positionieren, wirtschaftlich zu stärken und gesellschaftlich ernst zu nehmen. Und dadurch bestehende Strukturen herauszufordern, klassische Machtbilder aufzubrechen und neue Narrative von Erfolg zu schaffen: jenseits männlich geprägter Vorstellung von Führung, Autorität und Wirtschaftlichkeit.
Wenn wir Unternehmen mit Frauen in FĂĽhrungsrollen sichtbar machen, brechen wir Erwartungen, verschieben Grenzen und schaffen Vorbilder, die immer noch dringend gebraucht werden.
Das System tut sich schwer mit Frauen, die sichtbar werden, klare Grenzen setzen, selbstbewusst ihren Wert kommunizieren und nicht mehr bereit sind, sich kleinzuhalten. Patriarchalen Strukturen, tiefsitzende Vorurteilen und überholte Rollenbildern sind leider längst nicht überwunden.
Aber: Mit jeder FLINTA*-Person, deren Marke klar, mutig und wirksam sichtbar wird, verschieben sich die Strukturen ein StĂĽck weiter in Richtung Gleichberechtigung
Viele eurer Kund*innen befinden sich im Umbruch. Was brauchen sie am meisten: Klarheit, Mut oder jemanden, der ihnen spiegelt, was längst da ist?
Die meisten unserer Kund*innen kommen zu uns mit dem Gefühl, dass ihnen noch etwas fehlt. Dabei ist das Entscheidende oft schon da, es braucht “nur” den Blick von außen. Unsere Aufgabe ist es, genau das sichtbar zu machen, was sie selbst (noch) nicht greifen können. Und es zu strukturieren und in eine Marke zu übersetzen, die nach außen wirkt und sich innen stimmig anfühlt. Wenn das gelingt, entsteht automatisch Klarheit und daraus wächst Selbstvertrauen und der Mut, sich zu zeigen, Entscheidungen zu treffen und den nächsten Schritt zu gehen.
„Marken, die in Erinnerung bleiben, haben Tiefe. Sie trauen sich, Position zu beziehen, Meinung zu haben, Ecken und Kanten zu zeigen und nicht allen gefallen zu wollen.“

Design kann Oberfläche oder Haltung sein. Wie sorgt ihr im Studio dafür, dass eure Arbeit nicht nur schön, sondern wirksam ist?
Bei uns beginnt Markententwicklung nicht bei der Gestaltung, sondern bei der Substanz.
Wir starten in der Zusammenarbeit mit unseren Kund*innen deshalb nicht mit dem Design, sondern immer mit einem strategischen Fundament. Dafür stellen wir die richtigen Fragen, hören genau hin, fordern heraus und entwickeln gemeinsam mit unseren Kund*innen eine starke Markenstrategie und klare Positionierung.
Erst auf dieser Basis kann ein Design entstehen, das nicht nur gut aussieht, sondern wirkt, weil es die richtige Zielgruppe anspricht, Unternehmenswerte sichtbar macht und aktiv und messbar zum Erreichen der Unternehmensziele beiträgt.
Gutes Design schafft Wiedererkennung und den ersten positiven Eindruck. Aber echte Wirkung entsteht erst, wenn Inhalte klar sind, die Haltung spürbar wird und die Marke authentisch kommuniziert. Schön auszusehen reicht nicht, wenn es an Klarheit und Tiefe fehlt.
Ihr arbeitet strategisch und klar, aber auch mit Stil und Emotion. Wie navigierst du persönlich zwischen diesen Polen? Was hilft dir bei der Entscheidung: Kopf, Herz oder Bauch?
FĂĽr mich braucht es immer Strategie und Intuition. Ich treffe Entscheidungen nie rein aus dem Bauch heraus, aber auch nie nur mit dem Kopf. Am besten funktioniert es (bei Entscheidungen und auch bei unserer Arbeit), wenn beides zusammenkommt: ein klarer Plan, der auf Fakten und Analysen basiert, und ein sicheres GespĂĽr fĂĽr das, was stimmig ist.

Welche Rolle spielt kulturelle Verantwortung im Branding – gerade in einer Zeit, in der Sichtbarkeit politisch geworden ist?
Sichtbarkeit ist nie neutral. Wer sich zeigt, sendet immer gewisse Botschaften. Ob bewusst oder nicht.
Kulturelle Verantwortung im Branding bedeutet für mich, genau das mitzudenken: bewusst zu entscheiden, welche Werte, Bilder und Narrative eine Marke nach außen trägt. Und welche (besser) nicht. Jede Marke prägt mit, wie wir Gesellschaft wahrnehmen. Genau deshalb ist Haltung ein zentraler Bestandteil guter Markenarbeit.
Wachstum ist nicht immer gleichbedeutend mit Erfolg. Wie denkst du über Skalierung – und wie schützt du die Qualität und Haltung eures Studios im Alltag?
Skalierung ist dann super, wenn sie zur Marke passt, authentisch stattfindet, Qualität sichert und echten Impact ermöglicht. Wenn wir durch Wachstum mehr FLINTA*-Unternehmerinnen erreichen, stärken und sichtbar machen können, ist das für mich der beste Grund, größer zu denken.
Qualität und Haltung schützen wir im Alltag durch klare Prozesse, abgestimmte Abläufe, bewusste Projektwahl und regelmäßige Reflexion (intern und mit Kund*innen). Nicht jedes Projekt passt zu uns und das ist vollkommen in Ordnung.
„Sichtbarkeit ist nie neutral. Wer sich zeigt, sendet immer gewisse Botschaften. Ob bewusst oder nicht.“
Gab es im Lauf deiner Gründung ein Erlebnis, das dich gezwungen hat, Studio Arde neu zu denken – strukturell, inhaltlich oder emotional?
Zu Beginn meiner Selbstständigkeit war Studio Ardē eine klassische Design- und Branding-Agentur. Doch in Gesprächen mit Kund*innen habe ich schnell gemerkt, dass der Branding-Prozess bei vielen etwas auslöst, das ich selbst kenne: den Weg von Unsicherheit und Zweifel hin zu Klarheit, Sichtbarkeit und Selbstbewusstsein.
Seitdem geht es in unserer Arbeit nicht nur um Strategie und Design, sondern auch darum, innere Stärke sichtbar zu machen. Genau das macht unser Angebot heute so besonders, weil es nicht nur die Marke stärkt, sondern auch die Personen dahinter.
Gleichzeitig wuchs das Studio und mit dem Team dann auch die Verantwortung. Ich musste lernen, Strukturen zu schaffen, Verantwortung abzugeben und nicht alles selbst zu tragen.
Beides hat dazu geführt, dass ich Studio Ardē nicht mehr “nur” als Kreativagentur sehen, sondern als Ort für echte Transformation, auf unternehmerischer wie persönlicher Ebene.




Was wünschst du dir für die nächste Generation von Gründerinnen – nicht nur als Designerin, sondern als Mensch, der Räume schafft?
Ich wünsche mir, dass künftigen Gründer*innen den Mut haben, ihren eigenen Weg zu gehen, auch wenn er nicht laut, nicht linear oder nicht „klassisch“ ist.
Dass sie sich nicht verunsichern lassen. Weder von auĂźen noch von gesellschaftlichen Erwartungen oder den Zweifeln im eigenen Kopf, die tief sitzen, weil uns ZurĂĽckhaltung oft beigebracht wurde.
Dass sie sich nicht klein machen, um reinzupassen, sondern Strukturen schaffen, in denen sie ganz sie selbst sein können.
Dass sie nicht warten, bis sie „bereit genug“ sind, sondern losgehen, auch wenn nicht alles perfekt ist.
Ich wünsche ihnen Räume, in denen Fragen erlaubt sind, in denen Haltung zählt und in denen wirtschaftlicher Erfolg nicht im Widerspruch zu Fürsorge, Intuition oder Gemeinschaft steht.
Und ich wĂĽnsche mir, dass sie wissen: Sie mĂĽssen es nicht machen wie alle anderen, sondern so, wie es sich fĂĽr sie richtig anfĂĽhlt. Das ist nicht naiv, sondern powerful.
Danke für das spannende Gespräch, Johanna!
Mehr zur Arbeit von Johanna findet ihr hier.Â