„In welcher Welt wollen wir leben? Und welche Geschichten muss ich erzählen, damit diese irgendwann Wirklichkeit werden?“
Das Erwartbare und die Zukunft einer Branche.
Daniel Schreiber schreibt über das Glück: “Ob die Frage des Glücks, wenn man sie in den Horizont des Erwartbaren stellt, nicht geradewegs zur Frage des Unglücks führt.” *
Ich glaube, das gilt nicht nur für das Glück. Man könnte sich dieselbe Frage auch über die Zukunft stellen. Oder ganz einfach: Wenn alles schlimm aussieht, wird es wahrscheinlich auch schlimm kommen. Aber so einfach machen wir es uns hier mal nicht.
Momentan hat man ja so das Gefühl, dass es eigentlich keiner Branche wirklich gut geht. Alle leiden unter Personalmangel, alle leiden unter denselben Entwicklungen. Nun ist es leider so, dass sich mit dem Altern nicht verhandeln lässt. Immer weniger junge Menschen stehen immer mehr alten Menschen gegenüber. Da sind natürlich politisch motivierte Narrative wie “Die Jungen wollen nicht mehr arbeiten” die Konsequenz, aber trotzdem einfach falsch. Es gibt immer weniger junge Menschen und die meisten davon arbeiten bereits. Es ist also, wie so oft, eine Frage der Geschichte, die wir uns erzählen und erzählen wollen. Und hier kommt wieder die Kommunikationsbranche ins Spiel.
Auch der Werbebranche ging es schon mal besser, keine Frage. Aber die Vorzeichen stehen nicht so schlecht, wie in vielen anderen Branchen. Sollte man zu denen gehören, die sich vor zehn bis fünfzehn Jahren mit der Digitalisierung beschäftigt haben, stehen sie sogar ganz gut.
Und was vor zehn, fünfzehn Jahren Digitalisierung war, ist heute das “Erwartbare”. Ich bin überzeugt, dass wir in der Kommunikationsbranche eine Verantwortung tragen, an zukunftsfähigen Geschichten mitzuarbeiten. Denn irgendwann war alles nur mal eine Geschichte. Menschen auf dem Mond: undenkbar vor 100 Jahren. Sozialversicherung für alle: vollkommen unverständlich in Zeiten der Industrialisierung. Wie sich an den Beispielen zeigt, wird aus Geschichten Wirklichkeit, wenn genug Menschen an diese Wirklichkeit glauben. Aber das braucht einige Zeit, auch das kann man gut an diesen Beispielen sehen.
Das Erwartbare ist heute: Alles geht den Bach runter, so wie es ist, kann es nicht weitergehen, und so weiter und so fort. Was es aber so gut wie nicht gibt, sind Vorschläge für eine Entwicklung in eine lebenswerte Richtung oder unerwartete Richtung gehen.
Unerwartet wäre es, sich die Frage nach dem Menschenbild zu stellen. Ich bin überzeugt, dass es noch nicht zu spät dazu ist. In welcher Welt wollen wir leben? Welche Geschichten muss ich erzählen, damit diese irgendwann Wirklichkeit werden? Zum Beispiel im Zuge des nächsten Projekts.
* “Wie wir schreiben wollen” – Hanser Berlin