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Marcel Aberle ist good at Zukunft gestalten.

Marcel Aberle, mit zehn Jahren Erfahrung in der IT-Industrie und als Start-Up-Gründer, ist fasziniert von den Trends unserer Zeit, die Wirtschaft und Gesellschaft verändern. Der mehrfach ausgezeichnete Innovations-Preisträger war drei Jahre Geschäftsführer des Zukunftsinstituts in Österreich und entwickelte den Trend Canvas, ein Tool, das Unternehmen hilft, Trends zu analysieren und zu nutzen. Im Interview spricht er darüber, warum die Zukunft und das Verständnis für Trends so wichtig ist.

Marcel Aberle

Lieber Marcel, freut mich sehr, dass wir die Zeit gefunden haben! Erzähl uns doch kurz zum Einstieg ein bisschen was über dich und deinen Werdegang zum Zukunftsforscher!

Ich bin gelernter Informatiker und habe viele Jahre gearbeitet, hands-on Rechner zusammengeschraubt und Netzwerke konfiguriert. Da bin ich schon mit Innovationen in Berührung gekommen, allerdings mit dem Fokus auf IT-Innovationen. Ich bin dann nach Wien zu Siemens gewechselt, wo ich mich stark darauf fokussiert habe, das Innovationszentrum mit aufzubauen. Das war der Einstieg über die IT eigentlich. Von dort bin ich in die Startup-Szene gewechselt, wo ich sechs Jahre lang tätig war – also genau das Gegenteil vom Konzern. Dort habe ich zwei Start-ups mit aufgebaut und das Zukunftsinstitut kennengelernt, das ich spannend fand, weil es sich nicht nur mit aktuellen Gadgets und Tools beschäftigt, sondern auch mit der Zukunft: Was sind Trends und Szenarien, die diese formen? Als ich bei den Start-ups ausgestiegen bin, hatte ich die Möglichkeit, beim Zukunftsinstitut mit einzusteigen. Dort war ich 3 ½ Jahre Geschäftsführer und bin seit gut zwei Jahren selbstständig.

„Wir sind so auf die aktuellen Themen fokussiert, dass wir keine Zeit und Ressourcen haben, uns mit der Zukunft auseinanderzusetzen.“

Wow, toller Weg! Wenn wir gerade schon über Ausbildung und Werdegang sprechen: Worauf müssen wir aus deiner Sicht in Zukunft in der Ausbildung achten, um nicht noch weiter ins Hintertreffen zu kommen? Was sind deiner Meinung nach die “Zukunftsskills”?

Was wir in Europa, speziell in Deutschland und Österreich, tun müssen: Wir müssen dem Thema Trends und Innovation mehr Wertschätzung und Sorgfalt entgegenbringen. Wir sind so auf die aktuellen Themen fokussiert, dass wir keine Zeit und Ressourcen haben, uns mit der Zukunft auseinanderzusetzen. Das ist ein großes Problem. Natürlich ist es wichtig, das Operative am Laufen zu haben, und natürlich sind die fleißigen Ameisen wichtig. Aber wir brauchen auch Zeit und Ressourcen, um uns mit der Zukunft auseinanderzusetzen, und dafür braucht man Zukunftskompetenz. Wenn man versteht, wie Zukunft funktioniert, wie Trends und Innovationen funktionieren, dann ist das der erste Schritt. Und dann ist es logisch, Zeit und Ressourcen zu investieren. Gerade in der transformativen und konfusionsreichen Zeit, in der wir uns befinden, sind Tugenden, die auch Skills sind, wie Mut, Zuversicht und Neugier, wahnsinnig wichtig – neben den klassischen Themen wie Kreativität. Ein weiteres wichtiges Thema ist Kollaboration. Wer das meistert, hat einen der wichtigsten Skills für sich selbst und für Unternehmen. Kollaboration bedeutet, dass man gemeinsam etwas Neues, Cooles schafft. Das geht komplett durch die Decke, auch im Retail, wenn man sich “KITH” anschaut, die Luxusmarke aus New York – da ist die ganze Marge nur eine Kollaboration. Aber auch in Wirtschaftsverbünden, Geopolitik und bei Innovationen in Unternehmen ist Kollaboration entscheidend.

Man spürt förmlich deine Zuversicht, das ist echt selten aktuell. Tut gut! Im Vorgespräch hast du die Arbeit in einem Think-Tank angesprochen. Wie sind die eigentlich aufgebaut und wie qualifiziert man sich dafür?

Das ist einfach ein Raum, wo man Platz und Zeit hat, über Zukunft und Innovation nachzudenken. Das ist entscheidend und fehlt oft, weil wir uns die Zeit und Ressourcen nicht nehmen. Ursprünglich kommt das aus dem Politischen, aber wir brauchen das eben auch für die Zukunft. Das ist ein super spannendes Thema und essenziell, vor allem wenn man sich selbst als Innovator:in sehen möchte.

Für den Einstieg in einen Think-Tank gibt es gibt eigentlich keine allgemeine Formel. Aber Neugier ist wichtig. Man muss neugierig sein und Spaß daran haben, die Zukunft erforschen zu wollen. Ansonsten sind alle möglichen Experten und Expertinnen willkommen, um einen sehr diversen Blick auf die Zukunft zu werfen. Das macht es ja spannend.

Quelle: Zukunftsintitut

Klingt so, ja. Was die ja auch noch sehr wichtig ist: das „Beginners“-Mindset. Kannst du kurz erklären, was das genau bedeutet und warum wir’s brauchen?

Man sagt ja so schön: „In the expert’s mind there are few possibilities, in the Beginner’s mind there are many possibilities.“ Das sollte man auch auf neue Themen und Zukunftsthemen anwenden, mit einem Beginner’s-Mindset und der Neugier, die man als Kind stark hatte. Es gibt auch spannende Statistiken dazu. Wenn ich nur als Experte darauf schaue, fällt mir immer sofort auf, warum etwas nicht funktioniert. Man sagt ja auch so schön: „Alle sagten, das geht nicht. Dann kam einer, der wusste das nicht, und hat es einfach gemacht.“ Genau deswegen ist dieses Beginner’s Mindset so wichtig und daran sollte man sich immer wieder erinnern.

Das gefällt mir sehr gut. Gerade in der aktuellen und neuen Zeit ist dieses „das haben wir schon immer so gemacht“ sehr gefährlich … Was uns direkt zum groĂźe Thema KĂśNSTLICHE INTELLIGENZ bringt. Wo geht’s deiner Meinung nach hin? Wie siehst du das Thema generell und ganz persönlich?

KI ist natürlich das große Thema und der große Durchbruch mit ChatGPT. KI ist super interessant. Ein Kollege von mir, der Franz Kühmayer, hat das mal gut ausgedrückt. Er hat gesagt: „Wenn Maschinen immer bessere Maschinen werden, dann müssen wir Menschen immer bessere Menschen werden.“ Das sagt eigentlich alles. Wir müssen uns bewusst machen, wo die Maschinen stark sind, wo die KI stark ist, und wo die menschlichen Stärken liegen. Die Maschinen sind stark beim Mustererkennen, bei der Mathematik, Datenverarbeitung etc. Da haben wir keine Chance. Aber wir Menschen haben unsere Stärken bei Empathie, Emotionen, Beziehungen aufbauen, Vertrauen aufbauen – das sind alles unglaublich wichtige Themen. Resonanz, sich gegenseitig spüren, und da muss jede Firma und jedes Individuum schauen, wo sie in diesem Game sind und welche Themen sukzessive von der KI substituiert werden und wo die menschlichen Stärken liegen. Wie kann man diese menschlichen Stärken auch im Job besser ausbauen?

„Wenn ich nur als Experte darauf schaue, fällt mir immer sofort auf, warum etwas nicht funktioniert.“

Absolut und 100 %. Da bin ich ganz bei dir, ich merke das auch mit Good At, was ja sehr auf diese Werte aufbaut: die Menschen sehnen sich nach Beziehung, Austausch und „echt“. Quasi die Gegenbewegung zur aktuellen Entwicklung. Was sind für dich in dem Zusammenhang die Arbeitsmodelle der Zukunft?

Da komme ich stark zum Thema Kollaboration. Neben den klassischen Themen wie Flexibilität bei der Arbeit – wobei ich da Schwierigkeiten habe, allgemeine Aussagen zu machen, deshalb ist das Thema ja so polarisierend. In der Kreativbranche funktioniert flexibles Arbeiten nach den Prinzipien der 4-Tage-Woche, das ist kein Thema. Aber im Industriebetrieb und gerade im medizinischen Bereich funktionieren viele Sachen nicht so. Allgemeine Aussagen sind da gefährlich, weil sie wahnsinnig polarisieren. Das muss man sich im Detail anschauen. Man merkt, dass Themen wie Remote-Arbeit, Homeoffice super individuelle Themen sind, je nachdem, in welcher Lebensphase ich mich befinde, wo ich wohne. Da einfach den Menschen die Flexibilität zu bieten, die Arbeit ins Leben zu integrieren – dann haben wir auch den meisten SpaĂź dabei und letztendlich den größten Erfolg. Generell beim Thema Leadership: Es geht immer mehr weg vom Command-and-Control hin zu Human Relations, dass der Leader zum Coach wird und man wirklich eine Beziehung aufbaut und gemeinsam die Arbeitswelt der Zukunft gestaltet. Nicht nach dem Busfahrerprinzip, bei dem der Chef oder die Chefin vorne sitzt und ĂĽberlegt, wie „New Work“ funktioniert, und alle anderen sitzen hinten und beschweren sich vielleicht noch, dass die Klimaanlage nicht funktioniert. Das funktioniert so nicht. Man muss den Weg in die neue Arbeitswelt gemeinsam gehen, und das ist fĂĽr jedes Unternehmen, in jeder Branche ein sehr individueller Weg.

Das beobachte ich auch bei meinen Kunden und Kundinnen … das ist viel Bewegung drin. Bin gespannt auf die Zukunft! Apropos: Du hast ja auch ein tolles Buch dazu geschrieben, „Zurück zur Zukunft”. Um was geht es und warum war dir das Thema wichtig?

Ja, das ist gerade erschienen und super erfolgreich. Wir waren mehrere Tage Amazon-Bestseller Nr. 1 in unserer Kategorie. Das freut uns natürlich sehr. Aber zurück zur Zukunft: Mindset und Methoden zur Gestaltung der Zukunft – darum geht es auch. Im ersten Drittel geht es um Zukunftskompetenz, die Sachen, die ich oben in den Zukunft-Skills schon beschrieben habe, wo wir die wichtigsten Kompetenzen beschreiben. Der zweite Teil geht darum, die einzelnen Zugänge zur Zukunft zu beschreiben. Man kann ja von heute in die Zukunft blicken und sagen, was sind die aktuellen Trends und welche Opportunitäten entstehen daraus. Ich kann das auch umdrehen und fragen: Wie wäre ein Produkt, ein Service oder ein Unternehmen optimal, also ein Zukunftsbild optimieren, und dann rückwärts gehen und fragen: Was muss passieren, damit das eintritt, also wie einen “Moonwalk” machen. Diese Zugänge und die Methoden beschreiben wir und auch die Vor- und Nachteile der Zugänge. Im dritten Teil beschreiben wir, wie eine synoptische Organisation funktioniert. Das haben wir entwickelt – eine synoptische Organisation, wo beide Zugänge integriert werden. Sie ist sowohl agil und schaut auf die aktuellen Bedürfnisse und Trends, aber sie hat auch klare Zukunftsbilder, wie z.B. die Vision: Wo wollen wir hin und was ist die nächste Änderung für das System auf Systemebene. Das ist das Spannende am Buch.

Das ist es! Hab’s schon gelesen, und kann es uneingeschränkt empfehlen! Zuversicht und “machen” ist die Devise!
Vielen Dank für das tolle Gespräch, lieber Marcel. Hat mich sehr inspiriert!

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