Lieber Max, erzĂ€hl doch mal ein bisschen ĂŒber dich selbst. Wann hast du gemerkt, dass Musik âdeinsâ ist?
Da bin ich mir bis heute eigentlich gar nicht so sicher, ob die Musik so richtig âmeinsâ ist. Zumindest wĂŒrde ich sagen, ich habe eine gewisse Form des Talents Musik dazu zu nutzen, Bilder im Kopf zu erzeugen. Das war schon frĂŒher so. Ich wollte mal vor langer Zeit Gitarrist werden und bin aber nicht durch die AufnahmeprĂŒfung gekommen. Zum GlĂŒck kann ich heute sagen, denn ich hatte dann in meinem Studium die Möglichkeit auch in anderen Kreativ-Berufsfeldern wie Grafik, Design und Film- und Videoproduktion Erfahrungen zu sammeln. Und das hilft mir heute sehr.
Klingt spannend! Wie kam es denn eigentlich zur GrĂŒndung von Raven and Finch? Und wenn wir schon ĂŒber Branding sprechen: Was bedeutet der Name eigentlich bzw. was ist die Geschichte dahinter?
Raven and Finch ist entstanden aus einer UmgrĂŒndung meiner ehemaligen Einzelfirma in eine GmbH. Damals wollten wir eine Marke, die international wirkt und das Unternehmen weg von mir als Person bringt. Das erste ist gelungen, das zweite weniger (lacht). Die Geschichte zur Marke ist: Finch hörte sich irgendwie gut an, die Domain war aber leider schon vergeben. Meine GeschĂ€ftspartnerin Sarah hat dann ChimĂ€ren aus einem Raben und einem Instrument gesehen und da war Raven and Finch geboren. Raben sind schlaue Tiere mit sozialen FĂ€higkeiten und Singvögel wie Finken stecken ihr Revier mit Gesang ab. Das hat dann in beiden FĂ€llen gut zu dem gepasst, was wir machen.
Schöne Story! Was sind so die wichtigsten, Skills die du durch die SelbststÀndigkeit bzw. das Unternehmertum entwickelt hast?
Eigentlich alles was Steuern, Finanzen und Recht angeht: Damit habe ich mich natĂŒrlich im Laufe der Zeit immer mehr beschĂ€ftigt und das hĂ€tte ich wahrscheinlich ohne meine SelbststĂ€ndigkeit nicht gemacht. Auch was meine verschiedenen Rollen im Alltag angeht, also lernen, zwischen Privatem und Beruflichem zu trennen, ist etwas, das ich eigentlich erst in den letzten Jahren wirklich verstanden habe.
„Raben sind schlaue Tiere mit sozialen FĂ€higkeiten und Singvögel wie Finken stecken ihr Revier mit Gesang ab.“
Das ist eine groĂe Herausforderung, damit kĂ€mpfe ich auch seit Jahren. Aber mal zu den positiven Seiten: Welches Projekt der letzten Jahre hat dir am meisten Freude bereitet?
Wir haben zum GlĂŒck grundsĂ€tzlich schöne Projekte und Kunden, mit denen wir gerne arbeiten. Bei unserem Projekt âEinfach Lebenâ, der Markenplattform der Trumer Privatbrauerei, haben wir im Zuge der Content Produktion und des Podcasts einen Beileger fĂŒr Tageszeitungen produziert. Nicht naheliegend als Sound Branding Agentur, ich weiĂ. Zu diesem Beileger hat Seppi Sigl, der EigentĂŒmer der Trumer Privatbrauerei, Briefe bekommen, in denen ihm Menschen dazu gratuliert haben. Das war ein schöner Moment.
Nice! War aber auch ein tolles Projekt, auch den Podcast dazu fand ich klasse. Was motiviert dich eigentlich weiter zu machen, wenn’s mal nicht so âschönâ ist?
Ich glaube, dass es ganz normal ist, dass es rauf und runter geht. Und das ist die banale Erkenntnis ĂŒber mittlerweile 15 Jahre SelbststĂ€ndigkeit. Wenns schlimm ist, wird es auch besser. Kein spektakulĂ€rer Gedanke, aber ein versöhnlicher.
âAuch das geht vorbeiâ hat die Oma immer gesagt đ Kleiner Cut: Verrate uns doch mal, was in deiner persönlichen Playlist alles zu finden ist. So als Musik-Pro…
Viel Kindermusik im Auto (Anne Kaffeekanne), Metal und Angela Aux! Und haufenweise Podcasts wie z.B. âCorporate Therapyâ oder âDie neuen Zwanzigerâ. Aber ich bin was neue Musik angeht nicht sonderlich wĂ€hlerisch. Wenn ich etwas höre, das mich bewegt, berĂŒhrt oder interessiert, dann nehme ich es als Welle mit. Manchmal finde ich es auch ganz interessant, Musik zu hören, die mir frĂŒher besonders wichtig war. Da gibt es einiges, da schĂŒttle ich selbst ĂŒber mich den Kopf und anderes, was âgut gealtert istâ. Manchmal gibt es auch Musik, die ich nur zu gewissen Tageszeiten hören kann. Aber ich bin furchtbar unorganisiert, was das persönliche Musikhören angeht. Der Schuster hat die schlechtesten Schuhe, sagt man, glaube ichâŠ
Das kenne ich gut. Ich kann mir kaum Interpreten merken, aber Shazam ist inzwischen meine Lieblingsapp. Aber lass uns nochmal ein bisschen ĂŒber Raven and Finch sprechen. Was macht ein gutes Soundbranding aus?
Ein Soundbranding hat in erster Linie die Aufgabe, den Klang einer Marke wertvoll zu machen. Das kann bedeuten, Markenerkennung zu erzeugen, aber genauso besondere Emotionen, manchmal auch beides gleichzeitig. Es kann aber auch bedeuten, dass der Sound einen funktionalen Mehrwert erfĂŒllt, wie z.B. beim Klang eines Produktes oder einer App oder eines Ladens usw.
Entscheidend ist, dass es nicht immer um Musik als Selbstzweck geht, sondern dass der Klang die richtigen Ziele erfĂŒllt und im Sinne der Marke Wert erzeugt.
Also ist ein âKlangâ quasi ein idealer Markenbotschafter?
Das Hören als Sinn ist ja etwas, was die meisten Menschen mitbringen. Und das Zuhören als Sinnstiftung ist etwas, das Marken fĂŒr sich beim Kunden nutzen können. Manchmal bewusst, manchmal unbewusst. Der Klang ist auf der einen Seite etwas sehr Intimes, Emotionales und Persönliches und gleichzeitig hat es einen sehr archaischer Sinn: gut genutzt, schafft er es in kĂŒrzester Zeit starke mentale Bilder zu erzeugen und abzurufen. Wenn ich es als Marke schaffe, die Bilder konsistent und dauerhaft beim Kunden zu etablieren, dann gehört mir ein fixer Teil ihrer Aufmerksamkeit. Die kann ich auch dann nutzen, wenn die Kunden die Augen geschlossen haben. Und das ist in Zeiten von immer mehr Podcasts und Audioangeboten zunehmend wichtiger.
Wann braucht man als Unternehmen ein Sound Branding, deiner Meinung nach?
Pauschal kann ich das kaum beantworten. Ich glaube, es gibt Unternehmen, da macht es mehr Sinn und Unternehmen, da wĂŒrde ich es nicht sofort empfehlen. Ab einer gewissen Reichweite ist es ist Pflicht. SpĂ€testens, wenn ich ĂŒber den Lizenzkauf von bekannter Musik nachdenke oder komponieren lasse.
Vor allem in Zeiten von TikTok wird Musik ja immer wichtiger. Musik als der âneue Hashtagâ, hab ich letztens gelesen. Gleichzeitig gibt es immer mehr qualitativ hochwertige Stock Musik. Warum sollte man da als Marke ĂŒberhaupt noch Musik produzieren oder ein Soundbranding machen?
Stock Musik ist auf jeden Fall eine adĂ€quate Möglichkeit, um den riesigen Bedarf an Content mit ordentlicher Musik zu versehen. Und die QualitĂ€t der Stock Libraries ist in den letzten Jahren wirklich gut geworden. Aber es gibt auch immer ein paar Risiken fĂŒr eine Marke, die ich dabei bedenken sollte. Zum Beispiel hat mein Mitbewerb Zugang zur selben Musik. Deshalb macht es aus Markensicht weiterhin Sinn, sich ExklusivitĂ€t auch bei der Musik zu sichern. Denn hier entsteht langfristig der schutzfĂ€hige Wert fĂŒr die Marke. Um beide AnsprĂŒche sinnvoll zu vereinen, bieten wir hierzu auch ein Produkt an. Wir nennen es âBespoke Brand Music Subscriptionâ. Hier bekommt der Kunde alle Vorteile beider Welten: ExklusivitĂ€t laufend produzierter und schutzfĂ€higer Musik, sowie die Einfachheit in der Handhabung von Stock Libraries: sowohl in Bezug auf die technische Infrastruktur, als auch in Bezug auf die Lizenz.
Wie sieht deine Vorgehensweise aus fĂŒr die Findung neuer Ideen fĂŒr ein Musikerlebnis? Wie geht ihr da vor?
Wir fangen immer an, erst Bilder zu definieren, die wir erzeugen wollen. Ich glaube nicht daran, mit dem Kunden ĂŒber irgendwelche Instrumente oder so etwas spezifisch Musikalisches zu sprechen. Als wir z.B. das Soundbranding fĂŒr Gorenje gemacht haben, haben wir mit dem Kunden erst einmal darĂŒber gesprochen, welches Bild der Kunde im Kopf haben soll, wenn er oder sie das Soundlogo gehört hat. Da haben wir dann einfach gesagt: âKĂŒche ist gerade fertig gemacht, Kunde sieht zum Fenster raus, Kinder spielen Garten, einen Moment zum Durchatmenâ. Da hat man jetzt vielleicht keine spezielle Musik im Kopf, aber man hat eine Richtung, in die es gehen könnte. Das sind dann Korridore, fĂŒr die ich mindestens so viel Zeit einrĂ€ume, wie fĂŒrs Produzieren selber.
„Der Klang ist auf der einen Seite etwas sehr Intimes, Emotionales und Persönliches und gleichzeitig hat es einen sehr archaischer Sinn: gut genutzt, schaffe ich in kĂŒrzester Zeit starke mentale Bilder zu erzeugen und abzurufen.“
Je besser die Vorarbeit, desto klarer und âzwingenderâ die LösungâŠwie immer. Und welche Rolle spielen Emotionen beim Soundbranding? Musik ist ja extrem emotionalâŠ
Eben wie oben: eigentlich steht und fĂ€llt alles mit den Emotionen. Das Problem dabei: die Emotionen sind manchmal nicht ganz einfach zu beschreiben. Das kann unterschiedliche GrĂŒnde haben: persönlicher Geschmack, episodische Verbindungen mit gewisser Musik, etc. Was einfach ist, ist die ganze Bandbreite an Emotionen in eine kurze Story und starke Bilder zu packen. Das ist einfach zu verstehen und einfach zu handhaben. Der Kunde muss nicht mit Musikern ĂŒber Musik reden, die unter gewissen Worten wieder völlig andere Dinge verstehen.
Worauf sollten Unternehmen achten bei der Auswahl des richtigen Soundbrandings?
Einerseits den richtigen Partner suchen, der genĂŒgend Erfahrung in dem Bereich mitbringt. Andererseits: Ziele definieren. Denn durch Ziele kann der Kunde die persönlichen Musikvorlieben sinnbildlich an der Garderobe abgeben, wenn er nicht zur Zielgruppe der eigenen Marke gehört.
Verstehe. Zum Abschluss noch eine Frage: Was sind deiner Meinung nach die aktuellen Trends im Sound Bereich?
Ich glaube, das Thema Sound wird in erster Linie bei den Wearables der Zukunft immer spannender. GrundsĂ€tzlich das Thema Product Sound mit Markenwelten zu verbinden, da wird sicher noch viel mehr passieren. Es war ja lange die Hoffnung, dass die Welt um uns herum leiser wird oder zumindest schöner klingt. Momentan sehe ich das nicht, eher im Gegenteil. Und da sind natĂŒrlich Technologien wie Noise Cancelling mittlerweile im Consumer Markt angekommen. Das schafft natĂŒrlich wieder Raum, der Marken zur VerfĂŒgung steht und wo ich glaube, sinnvoll verhandelt werden muss, wann ich meine Kunden auch einfach Mal in Ruhe lassen muss, um mich als Marke wertvoll zu machen.