Lieber Fedja, bei dir isâ ja einiges los! THE ODD also, spannend! Letâs talk about it!
ErzĂ€hl doch mal, was hat dich zu dem Schritt bewegt, von der Spitze der besten Agentur Ăsterreichs in die SelbststĂ€ndigkeit zu wechseln?
Also ob Jung von Matt die beste Agentur war bzw. ist, darĂŒber lasse ich andere urteilen. đ
Mein Schritt weg von JvM hatte ein paar GrĂŒnde. Privat die Geburt unseres Sohnes. Ich wollte einfach flexibler und selbstbestimmter arbeiten können, um ihn bei seiner Entwicklung zu erleben. Das funktioniert aktuell auch wirklich super. Beruflich wollte ich wieder operativer arbeiten. Als Manager fehlte mir das hands-on arbeiten. Und ich wollte mein eigenes Ding machen. Bei JvM war ich Angestellter mit groĂer Verantwortung, aber halt nur Angestellter.
„Es wird komplexer. Das spĂŒren wir alle. Mehr Daten, mehr KanĂ€le, mehr Zielgruppen, mehr Assets, mehr, mehr, mehr. Und das bei weniger Zeit und weniger Geld.“
Verstehâ ich sehr gut. Was ist das Konzept von THE ODD genau?
Nach den ersten Monaten haben sich zwei Bereiche herauskristallisiert.
1. Consulting.
Das bedeutet, ich bin Sparringspartner fĂŒr Entscheider im Marketing und im C-Level, wenn es darum geht, wohin sich ein Unternehmen als Marke weiterentwickeln kann. Wo sind Potenziale, Risiken und wo lohnt es sich zu investieren. Das mache ich alleine.
2. Kommunikations-Umsetzung.
Vereinfacht gesagt: Ich begleite als Schnittstelle zwischen Kunde und Agentur(en) die Umsetzung von KommunikationsmaĂnahmen wie Kampagnen, PR-Ideen etc.
Smart. Macht auch absolut Sinn. Gibt auch international viele Strömungen in die Richtung, auch das Thema „Consulting“ ein bisschen anders anzugehen. Freier/kreativerâŠdiesen extrem volatilen Zeiten angemessen. Wie siehst du die VerĂ€nderungen der Branche?
Tough one! Also ich versuche es mal mit drei Punkten zu beantworten.
1. Es wird komplexer. Das spĂŒren wir alle. Mehr Daten, mehr KanĂ€le, mehr Zielgruppen, mehr Assets, mehr, mehr, mehr. Und das bei weniger Zeit und weniger Geld.
Das klingt jetzt erstmal wenig begeisternd. Aber ich sehe das als Chance.
Denn wenn es von allem mehr gibt, gibt es auch mehr Chancen, herausragende Kommunikation zu machen. Und damit meine ich keine Award-Cases, die zwar Preise gewinnen, aber sonst nichts bringen. Ich meine Arbeiten, die etwas bewegen, und zwar fĂŒr den Auftraggeber. Denn das ist unser Job. Das kann zum Beispiel sein, dass man das Markenimage verĂ€ndert und sich plötzlich viele Menschen bei einem Unternehmen bewerben, weil das Unternehmen eine positive Anziehung hat. Das kann sein, dass durch interne Kommunikation plötzlich die Mitarbeiter:innen fĂŒr ein Projekt brennen.
2. Auftraggeber brauchen flexiblere Strukturen. Keine One-Fits-All-Lösung mehr, sondern individuell angepasste Teams. Und das, wann man es braucht und nicht dauerhaft.
Das wird fĂŒr Agenturen eine wesentliche Challenge werden.
Das bedeutet mehr ProjektgeschĂ€ft, weniger Planbarkeit, mehr Kooperationswille, weniger Allesmacher – denn Alleskönner gibt es sowieso nicht.
3. Mehr Beratung. Ich bin fest davon ĂŒberzeugt, dass Unternehmen in Markenfragen deutlich mehr senior Expertise benötigen. Und das vor dem Briefing an die Werbeagentur. Das bedeutet, die Beratung muss tief im Unternehmen verankert sein mit einem GespĂŒr fĂŒr kreative Lösungen.
Das sehâ ich genauso wie du. Deswegen auch unsere neue Freelance Plattform, wo Expertise an einem Ort gebĂŒndelt ist, kuratiert und leicht verfĂŒgbar. Auch ein Versuch, auf diese âneue Weltâ zu reagieren, aber halt auf anderer Ebene als du. Wie du sagst, in den Rissen der Welt entstehen ja auch neue RĂ€ume, das darf man nicht vergessen.
Ganz grundsĂ€tzlich mal: Was ist fĂŒr dich zeitgemĂ€Ăe Kommunikation?
In erster Linie muss Kommunikation aus meiner Sicht erstmal merkwĂŒrdig sein. Denn, wenn Kommunikation gar nicht wahrgenommen wird, ist es egal, ob sie zeitgemÀà ist oder nicht.
Das erfordert meistens eine Prise Mut. Dann glaube ich nicht daran, dass man Trends hinterherjagen und diese fĂŒr die Kommunikation nutzen sollte.
Wenn man es schafft, mit Normen zu brechen und zu ĂŒberraschen, schafft man zeitgemĂ€Ăe und vor allem langfristige Kommunikation. Und im Kern der Kommunikation muss immer Wahrheit stecken. Denn sonst ist es nur eine Fassade und nicht glaubwĂŒrdig.
Zwei gute, aktuelle Beispiele fĂŒr diese Art der Kommunikation sind die Palmers Kampagne und die Equal Play Initiative von win2day.
Deswegen also der Name THE ODD đ super! Merk-wĂŒrdig, wichtig. Gerade als Gegenbewegung zur optisch/inhaltlich wahrscheinlich recht random daherkommenden KI-Welle der nĂ€chsten Jahre nach dem Motto âDas machma selberâ.
Nochmal zum GeschĂ€ftsmodell: Wie muss die Agentur der Zukunft deiner Meinung nach aufgestellt sein? Was ist ĂŒberhaupt die âAgentur der Zukunftâ?
Die Agentur der Zukunft muss eine liquide Struktur haben. Das heiĂt, sie muss sich flexibel an neue Projekte anpassen können. Das wird zur Folge haben, dass es vielleicht eher kleinere Agenturen mit einem Experten-Netzwerk gibt. Ich glaube, dass die Bereiche Beratung – damit meine ich nicht Projektmanagement – und Strategie deutlich mehr Gewicht haben werden. Strategische Arbeit wird in Zukunft das meiste Income generieren. Nicht der Rattenschwanz an Werbemitteln wie aktuell.
„Nicht die nĂ€chste Kampagne zĂ€hlt, sondern ein gesundes Setup, damit langfristig die Needs erfĂŒllt werden können.“
Das glaube ich auch. Die Umsetzung wird sehr KI-Tool-lastig werden, die Expertise wandert wieder nach vorne im ProzessâŠwas ich persönlich ziemlich cool finde/fĂ€nde. A propos, wie siehst du die Entwicklung der omniprĂ€senten KI in der Branche?
KI wird viele Bereiche einfach ersetzen. Wie schon jetzt in kleinem Rahmen. KI wird aus meiner Sicht vor allem in der Umsetzung einen groĂen Impact haben. So wird zum Beispiel Bewegtbild deutlich billiger, schneller und einfacher produziert. Umso wichtiger ist wiederum das strategische und kreative Fundament.
Ich glaube also, dass unsere Branche auch wieder attraktiver wird. Denn wir sind doch alle in die Kommunikation gegangen, um Probleme auf kreative Art und Weise zu lösen und nicht um zig tausende Abformate von Werbemitteln umzusetzen.
Absolut. Wie haben sich die AnsprĂŒche der Kunden verĂ€ndert in den letzten 10 Jahren? Was sind deine Erfahrungen?
Jetzt kann man sagen, dass Kunden frĂŒher mehr Mut hatten. Aber das ist zu einfach. Ich glaube, es gibt wenige Agenturen, die ihre Kunden wirklich verstehen.
Das heiĂt, die Agenturen kennen bzw. verstehen die BedĂŒrfnisse gar nicht.
Dazu kommt die enorm gestiegene KomplexitĂ€t fĂŒr Marketingleiter:innen.
Hier mĂŒssen die Agenturen ansetzen und Lösungen bieten.
Nicht die nĂ€chste Kampagne zĂ€hlt, sondern ein gesundes Setup, damit langfristig die Needs erfĂŒllt werden können.