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Typejockeys ist good at Zeichen setzen.

Seit 2008 prägt Typejockeys als eigenständige Foundry und Designstudio im Herzen Wiens das Bild moderner Schriftgestaltung. Typejockeys vereint typografisches Know-how, handwerkliches Lettering und grafisches Branding. Von preisgekrönten Retail-Schriften wie Ingeborg oder Henriette – inspiriert durch Wiener Straßenschilder – bis hin zu maßgeschneiderten Schriften für Dachmarken wie Wiener Städtische, Österreichische Post, Drei oder Sonnentor: Ihr typografischer Fingerabdruck ist überall dort spürbar, wo Haltung sichtbar werden soll.

In den folgenden Gesprächen wollen wir herausfinden: Wie entsteht Schrift mit Charakter? Welche Rolle spielt KI im kreativen Prozess? Und warum ist Schrift mehr als nur Gestaltung? Let’s go!

Anna Stroh & Michael Hochleitner

Ihr habt Henriette direkt von Wiener Straßenschildern abgeleitet, wie geht ihr bei der Recherche und Inspiration vor, bevor ein neues Schriftprojekt entsteht?

Schlichtweg mit offenen Augen. Inspiration gibt es ja wirklich überall. Wir sind neugierig und immer aufmerksam was interessante Lösungen und besondere Formen betrifft. Sie finden sich am Arbeitsweg, im Urlaub oder dem Flohmarkt.
Die Wiener Straßenschilder sind natürlich ein sehr plakatives Beispiel; Nach wochenlanger Recherche und Fotosafari konnten viele unterschiedliche Varianten ausmachen, die über all die Jahre entstanden sind – extrem spannend. Henriette ist unsere persönliche Interpretation dieser diffusen Design-Idee.

„Eine Custom-Schrift ist maßgeschneidert – perfekt abgestimmt auf die Anforderungen und Ziele eines Unternehmens.“

Wie unterscheiden sich eure kreativen Prozesse zwischen Custom-Type für Unternehmen und eurer freien Schriftentwicklung?

Eigeninitiierte Projekte entstehen oft aus einem Impuls, einer Design Idee heraus – dennoch erstellen wir auch hier, wie bei Kundenprojekten, ein Briefing – gewisse Guidelines: Welchen Charakter soll die Schrift transportieren? Wo und wie wird sie eingesetzt – in Plakaten, Headlines, Lesetexten…? Welchen Umfang brauchen wir dafür – in Bezug auf Zeichensatz, Sprachumfang, Features? Es sind Herzensprojekte, in die man viel Zeit und Energie steckt – parallel zum laufenden Tagesgeschäft.
Für Custom-Type Projekte, gibt es fast immer konkrete Bedürfnisse, die die Schriften erfüllen müssen. Wir wissen unter welchen Bedingungen sie funktionieren sollen und an welche Kunden sie sich richten wird. Man könnte argumentieren, dass das die Sache einfacher macht 😅

Welche Rolle spielt Künstliche Intelligenz aktuell in eurer Arbeit? Seht ihr darin eine Erweiterung oder eher einen Bruch mit dem Handwerk?

Aktuell fürchten wir uns nicht. Wir sind überzeugt davon, dass hochwertiges Handwerk auch weiterhin einen Wert haben wird. 0815-Zeugs wird die KI in Zukunft vermutlich gut abdecken können. Kreativität und Weiterentwicklung liegt hoffentlich noch eine Weile in unseren Händen.
Für Werkzeuge, die gewisse technische Prozesse erleichtern, sind wir aber absolut offen.

Was kann eine eigens entwickelte Hausschrift leisten, was Standard-Fonts nicht können, insbesondere im Hinblick auf Markenwirkung?

Eine Custom-Schrift ist maßgeschneidert – perfekt abgestimmt auf die Anforderungen und Ziele eines Unternehmens. Richtig gemacht, spiegelt ihr Design die Werte und Haltung einer Marke wider.
Eine exklusive Hausschrift ist zudem ein riesen Brand-Asset – sie hebt dich von der Konkurrenz ab und transportiert dein Branding mit jedem geschriebenen Wort.

„Wir wollen nicht jedem Trend folgen – wir sind eher Team Qualität, Zeitlosigkeit & Lesbarkeit.“

Welche technischen Herausforderungen begegnen euch heute, etwa bei Webfonts, Variable Fonts oder multilingualen Systemen?

Die Erwartungshaltung von Kunden ist zurecht gestiegen. Fonts können unzählige technische Features mitbringen. Aber braucht tatsächlich jede Schriftfamilie tabellarische Mediävalziffern und ein voll ausgebautes armenisches Charakterset?; Für manche Projekte macht es Sinn für andere nicht. Bei Custom Lösungen können wir genau darauf Rücksicht nehmen. Wichtiger als 27 alternative Varianten des Et-Zeichens, ist uns aber grundsätzlich EIN wirklich passendes, sowie die generelle technische und gestalterische Qualität unserer Schriften.

Wie integriert ihr analoges Arbeiten (Skizzen, Handschrift, Lettering) in eure digitalen Gestaltungsprozesse?

Bei uns liegen Bleistifte und Radiergummis am Tisch – analoge Skizzen sind ein wichtiges Element unseres Workflows. Um den Gedanken freien Lauf zu lassen, kreativ zu sein, Charakter zu finden, lange bevor Details ausgearbeitet werden. Könnte man das auch am Tablet machen? Wahrscheinlich. Vielleicht sind wir von der alten Schule, wir bevorzugen es halt einen Pinselstrich mit einem Pinsel zu ziehen, anstatt ihn in Procreate zu faken.

Wie hat sich euer Selbstverständnis als Foundry über die Jahre verändert, auch durch Anerkennung wie TDC Awards oder den ED-Award?

Aus blauäugigen Jungspunden mit großen Visionen und Tatendrang, ist über die letzten 16 Jahre ein sehr professionelles Team geworden. Heute dürfen wir für namhafte Unternehmen Projekte von großer Bedeutung realisieren – eine Verantwortung, die wir sehr ernst nehmen. Schließlich verleihen wir den Stimmen großer Marken ihr visuelles Bild.
Auszeichnungen sind eine schöne Anerkennung. Am meisten freut uns aber, wenn wir sehen, dass unsere Kunden über viele Jahre hinweg gerne und erfolgreich mit unseren Schriften arbeiten.

Wie läuft die Zusammenarbeit bei einem Corporate-Type-Projekt konkret ab, von der ersten Idee bis zur fertigen Schrift?

Am Anfang steht das Briefing – entwickelt mit dem Kunden, meist gemeinsam mit der betreuenden Branding-Agentur. Anschließend beginnt unsere Recherchephase: Wir analysieren die gestellten Anforderungen noch einmal im Detail. Welche Charaktereigenschaften soll die Schrift transportieren? Wo und wie wird sie eingesetzt? Muss sie zu bestehenden Typo-Systemen passen? Werden Logos integriert, ein dazu passendes Icon-Set entwickelt?

Daraufhin entstehen erste Entwürfe mit charaktergebenden Buchstaben. Nach der ersten Präsentation werden diese geschärft und sukzessive um weitere Glyphen ergänzt.
Sobald das Design abgestimmt und freigegeben ist, beginnt die Ausarbeitung: Alle Zeichen, die eine Schrift braucht – neben dem A-z braucht es diakritische Zeichen, Interpunktionen und oft verschiedene Zahlenformate. Leicht entsteht dabei ein Zeichensatz mit mehreren Hundert Glyphen – pro Schnitt. Gibt es mehrere Schnitte, wächst das Set entsprechend.

Der Kunde bzw. die Agentur erhalten dabei laufend Beta-Version des Fonts zum Testen. Das daraus entstehende Feedback können wir on the fly berücksichtigen. Jedes Detail zählt: Nicht nur die Formen selbst, sondern auch Spacing, Fitting, sowie der Abstand zwischen einzelnen Buchstaben-Kombinationen – das sogenannte Kerning – sind von großer Bedeutung. Und bei mehreren hundert Glyphen entstehen schnell sehr viele mögliche Buchstabenkombinationen.

Am Ende bekommt der Kunde die Fonts in den gewünschten Dateiformaten für Desktop und Web, inklusive Dokumentation und natürlich den Lizenzvertrag.

„Bei uns liegen Bleistifte und Radiergummis am Tisch – analoge Skizzen sind ein wichtiges Element unseres Workflows.“

Welche typografischen Trends seht ihr aktuell? Und welchen Einfluss wird KI eurer Meinung nach auf die Schriftwelt der nächsten Jahre haben?

Es gibt eine Rückbesinnung auf lesbare, charaktervolle Schriften – wieder weg vom exzentrischen Weirdo-Look. Diese Entwicklung kommt uns entgegen. Wir wollen nicht jedem Trend folgen (das schaffen wir rein zeitlich nicht), sondern sind eher Team Qualität, Zeitlosigkeit & Lesbarkeit.

Ihr beschreibt euch als „serious type nerds“ mit echtem Wiener Bezug, wie prägt die Stadt euren Stil, eure Haltung, eure Arbeit?

Wir sind in Wien aufgewachsen und haben den Großteil unseres Lebens hier verbracht – das hat natürlich seine Spuren hinterlassen. In unserer Arbeit spiegelt sich wohl die Melange aus Geschichte, Offenheit, Gemütlichkeit und Schmäh wider. Selbstverständlich ohne den Grant. Manchmal vielleicht bisschen raunzen. Aber kein Grant.

Vielen Dank für das tolle Gespräch!

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