Vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst, lieber Ulrich! Bei all dem, was du da so machst, keine Selbstverständlichkeit! Fangen wir vielleicht einfach mal mit deinem “Brot und Butter”-Job an. Was hat dich ursprünglich zur Fotografie gebracht? Gab es einen bestimmten Moment, in dem du wusstest: Das ist mein Weg?
Haha die klassische Frage, auf die ich nie eine klare Antwort habe. Mich hat die Fotografie gefühlt schon mein ganzes Leben begleitet. Als kleines Kind bin ich mit der Point-and-shoot Kamera von meinem Vater herumgelaufen und hab Momente festgehalten. Was genau mich damals daran fasziniert hat, kann ich bis heute nicht genau sagen, aber es dürfte doch recht prägend gewesen sein, nachdem ich mit wahrscheinlich 12-13 Jahren mein ganzes, durch diverse Haus- und Gartenarbeiten erspartes Taschengeld, in eine DSLR investiert hab. Und ab dem Zeitpunkt, als ich mit 14 Jahren von der Graphischen erfahren habe, war mir klar, wohin es geht. Also einen klaren Moment gab es bei mir, glaub’ ich nie, es war irgendeine tief sitzende Faszination.
„Transparente Systeme schaffen Vertrauen in die Technologie und fördern deren verantwortungsvolle Nutzung.“
Was fasziniert dich besonders an der Fotografie? Und wie verändert die omnipräsente KI diesen Bereich? Wie gehst du damit um?
Ich glaube, das hat sich bei mir auch über die Jahre verändert. Anfangs war es das Festhalten von Millisekunden im Extremsport, die Tricks und Fähigkeiten der Athleten bestmöglich zu zeigen. Dann hat sich mein Interesse hin zur Portraitfotografie gewandelt, weil ich die Persönlichkeiten hinter den Tricks spannend fand und von da an war für mich immer das Wichtigste, Menschen zu zeigen. Idealerweise Menschen, die selbst eine Passion für etwas haben.
Mittlerweile geht es für mich in der Fotografie und all den anderen Projekten, die ich so mache, darum, mit interessanten Menschen zu arbeiten und gemeinsam etwas hoffentlich Schönes zu gestalten, das in Menschen irgendetwas auslöst.
Die KI ist eine wahnsinnig faszinierende Technologie, welche die Branche über die nächsten Jahre sicherlich stark begleiten und Veränderung mitgestalten wird. Meiner Meinung nach hat das Thema so extrem viele Ebenen, dass das den Rahmen hier sprengt. Ich weiß aber, dass mir in der Fotografie das Arbeiten mit Menschen Spaß macht. Wenn sich die Arbeit mit KI in eine Richtung entwickelt, wo die Arbeit daraus besteht, alleine vor dem Computer Text in ein Programm einzugeben, überleg ich mir eventuell was Anderes.
Du arbeitest sowohl an großen kommerziellen Kampagnen als auch an kleineren Editorials – gibt es für dich einen Unterschied in der Herangehensweise oder im kreativen Prozess?
Auf jeden Fall. Bei kleineren Editorials kann man viel spontaner und auch freier arbeiten, weil es oft weniger Vorschriften gibt. Dafür arbeitet man halt meist mit sehr geringen Budgets und hat dadurch wieder gewisse Grenzen. Im kommerziellen Arbeiten gibt es klare Vorstellungen und Wünsche von Kundenseite, die natürlich als erstes erfüllt werden müssen. Dafür arbeitet man meist in größeren Teams mit mehreren kreativen Menschen zusammen, die alle ihre eigene Expertise mit einbringen. Dieses gemeinsam an einem Projekt arbeiten und im Team zu überlegen, wie man zum besten Ergebnis kommt, finde ich schon sehr schön.
Neben deiner Arbeit als Fotograf betreibst du den Podcast „Gestatten Sie?!“. Was hat dich dazu inspiriert, dieses Format zu starten?
Meine Faszination zum Medium Podcast hat schon 2016 angefangen, als damals die New York Times ihren Podcast ‘The Daily’ gestartet hat. Ich lese selber nicht so viel und für mich war es eine Möglichkeit Informationen zu konsumieren und mich weiterzubilden, ohne lesen zu ‘müssen’. Auch ansonsten finde ich Podcast ein einzigartiges Medium, weil man so nah an den Zuhörenden dran ist und der Konsum so sehr in den Alltag integriert ist. Es wird einfach ein Bestandteil des alltäglichen Lebens, beim Kochen, Spazieren, Arbeiten, Sport machen, …
Aus dem Interesse zum Medium wollte ich dann einfach auch mal versuchen, was man da so machen kann. Zwei erste Anläufe sind gescheitert aber jetzt hab ich glaub ich meinen Zugang gefunden und es ist für mich einfach von Woche zu Woche ein neues Geschenk, das ich von meinen Gesprächspartner*innen bekomme.
„Jede Person, jede Geschichte hat etwas Eigenes und ich darf davon lernen.“
Gibt es ein Gespräch oder eine Begegnung in deinem Podcast, die dich besonders beeindruckt oder inspiriert hat?
Ich glaube, ich nehme mir aus jeder Folge etwas Interessantes mit. Jede Person, jede Geschichte hat etwas Eigenes und ich darf davon lernen. Es gibt also viele Gespräche, die ich als besonders beeindruckend und inspirierend einstufen würde. Aber zu der Frage nenne ich die Folge mit Mala Kolumna sehr gerne (Folge 34). Mala ist eine Fotografin, die meiner Meinung nach etwas ganz Neues und Eigenes in die Fotografie bringt, was ich unglaublich bewundere. Ich finde ihre Arbeiten extrem beeindruckend und ihre Aussage dazu, dass sie grad erst anfängt und jetzt erst richtig loslegen will, hat in mir auf jeden Fall auch ein neues Feuer entfacht.
Mit der „Creative Therapy Session“ hast du einen Safe Space für Kreative geschaffen. Was war deine Motivation dahinter und wie läuft so ein Treffen ab?
Die Creative Therapy Session ist aus einem persönlichen Verlangen nach Austausch entstanden. Während Corona habe ich viel alleine von zu Hause gearbeitet und mir hat ein Ort gefehlt, wo man andere kreative Leute treffen kann. Mir ist es immer wichtig zu sagen, dass das kein Networking Event ist, sondern ein Safe Space für alle Kreativschaffenden, die Austausch suchen. Ich glaube, die Zeiten des extremen Konkurrenz-Denkens sind vorbei und es geht in Zukunft darum, wie man gemeinsam gestalten kann. Wie man sich gegenseitig unterstützen kann. Gemeinsam ist alles einfacher und macht auch mehr Spaß.
Einen klaren Ablauf gibt es für das Treffen nicht. Wir treffen uns immer am ersten Donnerstag des Monats in einem Lokal und ein Haufen wahnsinnig lieber Menschen kommen zusammen, um einen schönen Abend miteinander zu verbringen. Man kann sich überall dazu setzen, Fragen stellen, Erfahrungen teilen, sich inspirieren lassen oder idealerweise auch über Dinge reden, die gar nicht so viel mit der Arbeit zu tun haben.
Hast du das Gefühl, dass Kreative oft unter Druck stehen, sich ständig vernetzen oder vermarkten zu müssen? Möchtest du mit deinem Meetup dem etwas entgegensetzen?
Ja, ganz extrem! Ich habe das Gefühl, dass es heutzutage manchmal sogar fast nur mehr darum geht, wie man sich vermarktet. Und genau das soll bei unseren Treffen eben nicht der Fall sein. Es soll eher um Ideen und wirklichen kreativen Austausch gehen und nicht darum, wie man sich präsentiert oder welches Bild man nach außen hin zeigt. Mein Wunsch ist es immer, dass Leute bei uns das Gefühl haben, einfach sie sein zu können, ohne irgendwas beweisen zu müssen oder sich präsentieren zu müssen.
„Gemeinsam ist alles einfacher und macht auch mehr Spaß.“
Was bedeutet Kreativität für dich persönlich? Hast du bestimmte Routinen oder Rituale, die dir helfen, kreativ zu bleiben?
Was Kreativität für mich bedeutet ist ein Thema, das ich gefühlt laufend mit allen möglichen Leuten spreche, aber noch zu keinem Ergebnis gekommen bin. Aber ich glaube, Kreativität ist einfach ein Zustand der Freiheit.
Kreative Routinen ändern sich für mich immer wieder. Früher war es für mich am inspirierendsten, mich in das Kunsthistorische Museum auf eine Bank zu setzen und einfach Stunden lang nachzudenken. Heute glaube ich an den Austausch mit Menschen. Jedes Gespräch bringt mich auf neue Gedanken und bringt Ideen ins Rollen.
Gibt es ein Projekt oder eine Idee, die du in Zukunft unbedingt umsetzen möchtest?
In meinem Kopf schweben gefühlt unendlich viele Ideen herum. Die Creative Therapy Session möchte ich weiter ausbauen und zusätzliche Treffen organisieren, wo in kleineren Runden fokussiert über spezielle Themen geredet werden kann. Die Idee eines größeren ein-zwei Tages Events mit Workshops, Ausstellungen, Party, … schwebt auch schon länger in meinem Kopf herum. Der Podcast ist auch ein, sich immer weiter entwickelndes Projekt und ich bin immer offen für Inputs von anderen Leuten.
Zum Abschluss: Was ist dein wichtigster Rat für aufstrebende Fotograf:innen oder Kreative, die ihren eigenen Weg gehen möchten?
Redet mit anderen Leuten! Gefühlt wird alles einfacher, wenn man es nicht alleine schaffen muss. Ich bin der Ansicht, dass wir unsere Erfahrungen teilen sollten, sodass eine andere Person Fehler, die ich gemacht habe, eventuell nicht mehr machen muss. Egal ob es um kreative Fragen geht, Inspiration, technische oder wirtschaftliche Fragen. Es ist wichtig, sich auszutauschen und gegenseitig zu unterstützen. Wie soll man sonst lernen?
Vielen Dank für das schöne Gespräch, lieber Ulrich!
Mehr über Ulrich findest du auf seiner Website.
Seinen Podcast „Gestatten Sie“ kannst du hier anhören.