Was war die ursprĂĽngliche Idee hinter 101, und was treibt euch heute an?
Gegründet wurde 101 2010 in Berlin, in einem Büro direkt an der Spree. Zu unseren ersten Kund:innen zählte ein Hausbootverleih, für den wir das Redesign gemacht haben. Auch die Neugründung von einem Berliner Fashion Magazin durften wir beratend und gestaltend begleiten, dann kamen ein Fairtrade Online Shop in Barcelona und kleine Kampagnen für einen Club in Brüssel dazu. Nachdem Wien als zweiter Bürostandort dazu gekommen ist, haben wir nicht allzu lang danach alles nach Wien verlegt. Die internationale Ausrichtung und das breite Leistungsspektrum sind geblieben. Wir lieben die Herausforderung der ausgefallenen Konzeption. Ob das Endprodukt dann gedruckt, gecodet oder getanzt wird, steht an zweiter Stelle.

Was unterscheidet euren Beratungsansatz von klassischen Agenturen, und warum ist das relevant? Wie sieht das in Realität aus?
Wir haben keine Kundenbetreuer:innen oder Key Accounter:innen, bei uns reden die Kreativen und Coder:innen direkt mit den Kund:innen. Also ist hier jede:r auch Projektmanager:in. Das erspart Schleifen und Umwege.
„FĂĽr viele gehen Service und Augenhöhe nicht zusammen. Aber unsere Art zu arbeiten beweist, dass das geht.“
Wie wĂĽrdet ihr euren Zugang zu Markenarbeit in einem Satz beschreiben, ohne Buzzwords?
Wir spĂĽren zuerst die Essenz einer Marke auf, darauf basiert das Konzept fĂĽr die gewĂĽnschten Leistungen. Ohne Strategie geht sowieso nichts. Und der Blick nach vorne darf auch nicht fehlen. Wir arbeiten also konzeptbasiert, strategiegeleitet und essenzfokussiert. Wir wollen nachhaltige, langlebige Dinge schaffen. Ganz wichtig bei alle dem ist ein Thema: Culture. Nur wenn die Zusammenarbeit passt, kommt es zu richtig guten Ergebnissen. Wir haben dafĂĽr auch einen Code of Conduct definiert. Darin beschreiben wir Werte wie Respekt, Vertrauen und Transparenz, die fĂĽr die Zusammenarbeit essenziell sind.
Was beobachtet ihr gerade, in der Branche, bei euren Kundinnen und Kunden, bei euch selbst?
Die Branche ist im Umbruch. Viele spezialisieren sich, vieles wird automatisiert. Die klassischen Full Service Agenturen sind Auslaufmodelle. Insofern wirkt unsere Genese zur Full Service Agentur vielleicht anachronistisch. Aber wir verstehen uns ja auch nicht als klassische Full Service Agentur. Wir haben weder zig Mitarbeiter:innen noch Key Accounter:innen und Co. Man könnte uns auch als Boutique Full Service Agentur bezeichnen, bei der Kund:innen keine Nummern sind, sondern wirklich individuell betreut werden.

Welche strategischen Prinzipien braucht es heute, damit Marken langfristig relevant bleiben?
Marken müssen zuallererst Relevanz haben, eine Daseinsberechtigung, ein Problem lösen. Ihr Tun muss auf Werten basieren, die positive Zukünfte unterstützen und deswegen langlebig sind.



„Der Human Factor wird bei uns immer zentral bleiben.“
Wie sieht für euch Zusammenarbeit auf Augenhöhe aus, mit Teams, mit Kundinnen und Kunden, mit Partnerinnen und Partnern?
Keine Hierarchien und eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe, die auf Werten basiert. Ohne Augenhöhe geht bei uns gar nicht: Früher oder später landet man als Kund:in bei uns am Mittagstisch oder beim Kaffee auf dem Gehsteig vorm Büro. Oft ist aus einer banalen Anfrage eine langjährige Partnerschaft geworden. Und wir sind ehrlich. Wir wollen mit unseren Fähigkeiten Projekte unterstützen, die Sinn machen. Wenn das nicht der Fall ist, sagen wir das auch. Für viele gehen Service und Augenhöhe nicht zusammen. Aber unsere Art zu arbeiten beweist, dass das geht.
Gibt es Prinzipien, an denen ihr festhaltet, auch wenn sie unpraktisch oder unwirtschaftlich erscheinen?
Der Human Factor wird bei uns immer zentral bleiben. Wir werden mit unseren Kund:innen, wenn möglich, immer persönliche Termine vereinbaren. Wir wollen mit ihnen Kaffee oder Tee trinken und sie kennenlernen. Nur so schaffen wir unverwechselbare, maßgeschneiderte Ergebnisse.
Was braucht ihr intern, um richtig gute Arbeit zu machen, und was steht dem manchmal im Weg?
Freiräume sind nötig, um aus dem Daily Business auszubrechen. Die Mittagspause zum Beispiel ist uns heilig. Wir kochen täglich im Office, jeden Tag übernimmt jemand anderes aus dem Team. Beim Essen reden wir nicht über die Arbeit, das ist sowas wie ein ungeschriebenes Gesetz. Einmal im Jahr gibt es eine Klausur, in der wir alles besprechen, was im Alltag untergeht. Und uns überlegen, wie es im Idealfall weitergeht. Freiräume beziehen sich aber auch auf die Art und Weise des Arbeitens. Das Vertrauen der Kundin:innen ist dabei zentral. Wir wissen, was wir tun.


Wie fördert ihr Kreativität und Innovation innerhalb eures Teams?
Das ist bei uns eine Frage der Einstellung. Wir sind alle intrinsisch interessiert daran, gute Arbeit zu leisten. Und das beinhaltet, dass man in seinem Bereich – oder darüber hinaus –über die aktuellen Entwicklungen informiert bleibt. Wir sind auch gut in „Learning by doing“: Erfordert ein Projekt das Erlernen eines neuen Programms oder Tools, dann machen wir das. So bleibt die eigene Arbeit auch spannend. Einmal im Monat setzen wir uns zusammen, um in der Runde Ideen zu entwickeln, für die es noch keinen Auftrag gibt. Dieses Ping-Pong bringt das Denken in die Gänge.
Wie nutzt ihr technologische Innovationen, ohne eure Haltung als Marke oder Beratung zu verlieren?
Wir nutzen AI Tools unterstützend für Moodboards, Animationen oder zu Recherchezwecken. Aber nie blind oder ohne Kontrolle. Auch hier ist der Human Factor zentral: Es gibt keinen Chatbot, keine automatisierten Antworten, keine Lösungen von der Stange. Es hört sich ausgelutscht an, aber wir lassen uns auf jedes Projekt neu ein, grooven uns immer entsprechend ein und spüren allem voran mal hinein: Was braucht die Marke oder der Kunde, die Kundin? Wie tickt er oder sie? Warum gibt es die Marke? Wie ist sie? Was will sie?
„Wir wollen, dass Arbeit nährt – und nicht verbraucht.“
Welche Rolle spielen gesellschaftliche und ökologische Aspekte in eurer Arbeit, und wie integriert ihr sie konkret?
Die Existenz unseres Codes of Conduct ist schon Beweis dafür, dass uns gesellschaftliche und ökologische Aspekte wichtig sind. Unsere digitale Infrastruktur ist beispielsweise klimaneutral und wird zu 100 % mit grünem Strom betrieben. Auch die Work Life Balance nehmen wir sehr ernst. Unsere Arbeitswoche hat vier Tage, Überstunden sind absolute Ausnahme. Lukas ist zudem in wichtigen Gremien und Gruppen der Branche vertreten. Seit April hat er mit dem Team Werbung Wien den Vorsitz in der Fachgruppe Werbung Wien der WKO, zudem ist er im Werberat vertreten und sitzt im Vorstand des CCA. Themen wie Fairness, Transparenz, Geschlechterparität und Entbürokratisierung geben hier wie da die Richtung an.

Woran macht ihr den Erfolg eurer Arbeit fest, abseits von Reichweite oder Umsatz?
Daran, wie es uns und den Kund:innen geht. Wie viel Freude wir und sie an der Arbeit selbst haben und an dem, was danach dabei rauskommt. Am schönsten sind Projekte, die nach Fertigstellung weiterwirken, die tatsächlich Impact haben, Relevanz. Es ist dieses Gefühl von: Da ist etwas aufgegangen, da hat etwas Klick gemacht.
Wenn ihr in fĂĽnf Jahren auf diese Zeit zurĂĽckblickt, was hofft ihr, werdet ihr dann anders oder besser gemacht haben?
Wir würden gerne auf Projekte zurückblicken, die etwas bewirkt haben. Wir wollen nach wie vor so motiviert sein wie heute. Wir wollen weiterhin langjährige Partnerschaften mit Kund:innen pflegen, bei denen der Human Factor entscheidend ist. Wir wollen, dass die Arbeit uns etwas gibt. So wie der Boden in der regenerativen Landwirtschaft sich selbst erhält bzw. von Jahr zu Jahr gesünder wird, obwohl er Früchte hervorbringt, wollen wir uns fühlen: Wir wollen, dass Arbeit nährt – und nicht verbraucht.
Vielen Dank für das tolle Gespräch, Lukas!
Alle Infos ĂĽber 101 findet ihr hier.