Good at Kolumne:
Dian Warsosumarto

Dian Warsosumarto ist Gründer von CAINNÉ ANGSTE. Als Consultant und Stratege unterstützt er Unternehmen bei ihrer kreativen Entwicklung. In seiner Kolumne lässt er uns an seinen Gedankengängen teilhaben.

Dian Warsosumarto

“Kreative Ideen manifestieren sich in neuen Narrativen, die Firmen inneren Halt geben und Talente davon überzeugen, für sie zu arbeiten.”

Das Ende der geilen Idee.

Wir schreiben das Jahr 2006 und ich sitze an meinem Schreibtisch. Ich bin 24 Jahre alt und Grafik Designer bei Jung von Matt.

In einer Printausgabe von Ad Age lese ich, dass wir in Zukunft alles mit unseren Mobiltelefonen kaufen werden. Der Blick auf mein silbernes Nokia Tastenhandy lässt mich zweifeln.

Der visionäre CMO und Verfasser der Kolumne muss ein unbeirrbarer Futurist sein. Den Rest des Tages bin ich damit beschäftigt, farblose Briefings in preiswürdige Ideen zu verwandeln oder ich gestalte Flugblätter.

Ich wache auf.

Es war nur ein Traum und der Kolumnen-CMO hatte mit allem recht. Unser gesamtes Leben dreht sich heute um kleine schwarze Monolithen auf dem Esstisch, im Meeting, am Busbahnhof, im Kinderzimmer.

Knapp zwei Jahrzehnte und dutzende Buzzwords später hat die Digitalisierung unsere Arbeitswelt um 90 Grad auf den Kopf gestellt.

Die Attention Economy zwingt uns dazu, unsere Werbung performanter zu machen. Performance-Marketing zerhackt liebevoll gestaltete Filme zu Content-Assets. Und Content-Marketing füllt die Räume dazwischen angeblich mit Relevanz.

Alles hat sich verändert. Aber die Idee bleibt uns schon noch, oder?

Die Idee, die alles zu Sagende auf den Punkt bringt – im TV-Spot, am Plakat, in der Aktivierung und der Kampagne. Die Idee, die DDB revolutioniert, BBH, Wieden & Kennedy, raffiniert und Droga5 modernisiert hat.

Verliert die Idee, also der schöne, verquere Gedanke, der Marken Aufmerksamkeit und mir regelmäßig Anerkennung brachte, an Wert? Nein, sie verändert nur ihre Bedeutung.

Als Creative Consultant in Unternehmen und Agenturen erkenne ich spannende Strömungen und Chancen.

Unsere Ideen können mehr sein als Werbung.

Ganzheitliche Cleverness in Konzeption und Produktion schlägt zurzeit die traditionelle “Big Idea”. Dafür entstehen auf Unternehmensebene neue Möglichkeiten. Kreative Ideen manifestieren sich in neuen Narrativen, die Firmen Orientierung geben und Talente davon überzeugen, für sie zu arbeiten.

Die Kinderfahrrad-Marke woom etwa, operiert auf einer philosophischen Basis, die alles, vom Designansatz der Fahrräder bis zur werblichen Kommunikation, in einer humanistischen Erzählung vereint. Das Ergebnis: ein stimmiges Markenerlebnis, nach innen wie außen.

Unsere Ideen geben Organisationen mit klaren Gedanken und Bildern Orientierung, um besser und geordneter vorzugehen. Sie verwandeln Daten in Geschichten, machen aus “informed decisions”, “inspired decisions”, und wirken damit positiv auf das ganze Unternehmen.

 

Unsere Ideen suchen sich ein besseres Umfeld.

Werbeagenturen haben ihr Monopol als Ideenschmiede verloren. Junge Kreative stehen heute vor unendlich vielen Möglichkeiten, sich zu entfalten. Niemand muss sich mehr in eine toxische Anstellung zwingen, um Karriere zu machen.

Während die meisten Agenturen noch immer damit beschäftigt sind, ihren Zynismus gegenüber Bedürfnissen wie Work-Life-Balance zu entlernen, gründen junge Kreative einfach ihre eigene Firmenkultur. Kein Unternehmen kann sich mehr gegenüber dem Wertewandel versperren.

FĂĽr Marketingabteilungen ist jetzt der perfekte Zeitpunkt, um ĂĽber ein Inhouse Creative Department nachzudenken. Wer es schafft, im Unternehmen eine neue kreative Kultur zu schaffen, wird der Werbebranche die Talente streitig machen.

Dazu gehören ein inspirierendes Arbeitsumfeld, mutige Projekte, Weltoffenheit, Spaß und minimale Bürokratie. Wem das gelingt, wird mit neuen Ideen belohnt, die aus der Mitte des Unternehmens entspringen.

Unsere Ideen entwickeln endlich ein Bewusstsein.

Die Marketingbranche hat über Jahrzehnte ein raffiniertes Belohnungssystem entwickelt, in dem kreative Menschen lange ohne Selbstreflexion auskommen können. Ein System, dessen Dopamin Schübe so abhängig machen, dass wir weiterhin fossile Lebensweisen, verzichtbare Innovationen und Big Macs bewerben.

Künstliche Dringlichkeit und ein selbstreferentieller Wertekosmos, hielten mich lange davon ab, den wahren Wert meiner Kreativität zu erkennen. Heute weiß ich, dass meine Ideen wertvolle Gaben sind, die ich achtsam verteile.

Ich habe gelernt, dass meine Kreativität niemals gekauft, sondern höchstens von den richtigen Menschen geborgt werden kann. Und wie alles, was ich her borge, will ich auch meine Kreativität in guten Händen wissen.

Dieses neue Bewusstsein bin ich der Welt, aber vor allem mir selbst schuldig.

Wir schreiben das Jahr 2023 und ich sitze an meinem Schreibtisch – ich bin 41 Jahre alt und Gründer von CAINNÉ ANGSTE. Ich lese weniger Ad Age, und höre mehr auf die Welt und meine innere Stimme. Wenn ich Glück habe, liegen noch mehrere Jahrzehnte kreativer Arbeit vor mir.

Wie sich diese Jahre gestalten werden, habe ich selbst in der Hand. Auch das ist Kreativität.

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